Das Traumgesicht Sultan Süleymans
Als der Sultan noch vor Wien lag, im Innersten aber bereits am Erfolg der Belagerung zu zweifeln begann, erschien ihm im Traum der Prophet und gebot ihm, den zürnenden Gott durch ein Opfer von vierzigtausend Widdern zu versöhnen. Da sich diese Menge Opfertiere unmöglich aufbringen ließ, rief der Sultan alle seine Befehlshaber zusammen, um sich mit ihnen zu beraten. Diese erklärten, der Traum sei nicht im Wortsinn zu verstehen, sondern bedeute die Zahl der Muslims, die um des Glaubens willen vor Wien den Märtyrertod erleiden sollten. Ihre Deutung bestätigte sich. Als der Sultan in Ofen sein Heer musterte, fehlten genau vierzigtausend Krieger. Deshalb untersagte Süleyman seinen Nachfolgern bei Strafe der Verfluchung, Wien künftig jemals wieder zu belagern.
Quelle: Teply, Karl, Türkische Sagen und Legenden
um Wien, die Stadt des goldenen Apfels der Deutschen, in: ÖZV 31
(1977), 255-284, S. 276