Die weiße Frau am Stephansturm
Schaut man im Sommer von den Weinbergen unter dem Kahlenberg gegen den Stephansturm, so zeigt sich um vier Uhr nachmittags nächst dem Turm eine weiße Erscheinung, die die Gestalt eines Weibes hat. Früher hatten die Weinhauer noch keine Uhren. Da schauten sie nachmittags nur nach der weißen Frau oder nach der Himmelsmutter und wußten, wenn sie sie sahen, daß es schon Jausenzeit (Vesperzeit) sei. Sonderbar ist eine andere Bezeichnung dieser glänzenden, oben spitz zulaufenden Erscheinung. In Unterdöbling und Heiligenstadt sagt nämlich der Bauer: "Jetzt ist Jausenzeit, der Mina ist da!"
Quelle: Mailly, Anton von, Niederösterreichische
Sagen, Leipzig/Gohlis 1926, S. 133