AN DER QUELLE DER GOLDENEN BISTRITZ
Das war noch Ende des vorigen Jahrhunderts. Da beschlossen drei Zipser, das Gold aus der Quelle zu heben. Eines Morgens machten sie sich, mit Spaten und Krampen ausgerüstet, auf: einer war aus Ludwigsdorf und hieß Gottlieb Baierle, die anderen beiden waren aus Mariensee und hießen Franz Knobloch und Johann Lerch.
Es war schon gegen Mittag, als sie bei der Quelle anlangten, und sogleich begannen sie in der feuchten Erde zu graben. Es verging nicht viel Zeit, da rief eine Stimme aus dem Wald: "Lerch! Lerch!"
"Tjuh, bös billst' vun mir? Ber seid's?" (Ja, was willst du von mir? Wer seid Ihr?) erwiderte Lerch.
"Lerch, kumm! Lerch, kumm!" klang es zurück.
Lerch lehnte den Spaten an einen Baum und ging in die Richtung, aus der die Stimme wieder rief: "Lerch, kumm! Lerch, kumm!".
Plötzlich hörte man aus einer anderen Richtung eine ähnliche Stimme, die rief: "Knobloch, kumm aa du (Knobloch, komm auch du!)! Knobloch, kumm aa du!"
"Jetzt berdn mir segn, ber do schrait" (Jetzt werden wir sehen, wer da ruft), sagte Knobloch und eilte in den Wald.
Kaum war er verschwunden, tönte es wieder aus einer anderen Richtung, diesmal: "Baierle, kumm schon! Baierle, kumm schon!"
"Boart, i kumm dir" (Warte nur, ich zeige es dir schon), antwortete Baierle und verschwand in der Richtung, aus der die Stimme kam.
Drei Tage lang hörte man von den Schatzgräbern nichts mehr, dann erschienen sie in Mariensee halb verhungert und zerrissen: Waldweibl hatten sie von der Quelle fortgelockt und ihr böses Spiel mit ihnen getrieben.
Quelle: Rumänische Sagen und Sagen aus Rumänien,
Herausgegeben und übersetzt von Felix Karlinger und Emanuel Turczynski,
Berlin 1982, Seite 127