DER WETTERFÜHRER AUF DEM KELIMANN
Es wollen zwar einige behaupten, es habe im Sommer 1851 auf den Gebirgen deshalb soviel geregnet, weil im vergangenen Winter kein Schnee darauf gefallen sei und der Sommer nach einer allgemeinen Erfahrung jenen Mangel nun durch den Regen ausgleichen mußte; allein das hat einen ganz ändern Grund. Man hat nämlich an manchen Orten gar gut gesehen, wie der Wetterführer alle Wolken und Gewitter hinaufgeführt hat und zwar zu wiederholten malen. Nun ist bei dem Bergsturz am Keliman am 2. August, wie glaubwürdige Leute, die das verstehen, versichern, der Wetterführer verschüttet worden. Darum muß es da oben so lange und so heftig regnen, bis das Wasser ihn herauswäscht. Man könnte dem vielen Regnen wohl Einhalt tun, wenn die Leute von den um das Gebirge liegenden Ortschaften alle hineilten und eifrig schaufelten und ihn so herausbrächten. Aber wer könnte die Leute jetzt dazu bewegen! Man sagt, daß bei dem anhaltenden heftigen Regen am 31. August und am 1. und 2. September der Wetterführer sei herausgewaschen worden. Die Wahrheit muß sich bald herausstellen, dadurch, daß der Regen auf den Gebirgen aufhört; denn ist der Wetterführer frei, so wird er sich in der nächsten Zeit hüten, sich mit den Gewittern an einem für ihn so gefährlichen Ort niederzulassen.
Quelle: Siebenbürgische Sagen, Herausgegeben
von Friedrich Müller 1857, 1885; Neue erweiterte Ausgabe von Misch
Orend, Göttingen, 1972, Nr. 82, S. 83