§. 9. Die Nordische Gestaltung der Deutschen Sage.

Die Scandinavier haben eine Menge ihnen eigenthümlich zugehörender Sagen, deren Gegenstand insonderheit die Geschichte ihrer Könige ist, wie z. B. die Ragnar Lodbroki Quitha. Wie Sturleson die alten Mythen in seiner Edda, so löste er auch die alten epischen Skaldenlieder in seiner Weltgeschichte prosaisch auf. Gleich im Anfang finden wir z. B. die Ynglingasaga. Er beruft sich nicht nur auf das Zeugniß der alten Skalden, sondern führt auch stellenweise die Lieder selbst an. - Aus Deutscher durch politischen und merkantilischen Verkehr vermittelten Tradition, vielleicht auch an verwandte und vorgefundene Elemente anknüpfend, sind jenen heimischen Sagenkreisen gegenüber andere entstanden, deren Inhalt der nämliche ist, als in unserem Deutschen Heldenbuch und mit demselben öfter wörtlich zusammentrifft. Indessen haben diese Sagen mit der Uebertragung eine Nordische Färbung eingesogen. Sie sind vorhanden a) in der Nornagestrsaga (11 Capitel in den Kampadatar, Herausg. v. Björner. Stockholm 1727. Fol.); b, in der Volsungasaga (Z5 Capp. cbend.) und c, in der Niflunga- oder Wilkinasaga. (382 Cap.). ed. Perinkiold Stockholm, 1715 Fol. Die erste ist eine kurze prosaische Auflösung des epischen Theiles der alten Edda, aus welcher sie auch viele poetische Stellen mittheilt. Dasselbe, nur ausführlicher, ist die zweite. Von diesen alten Liedern haben die Gebrüder Grimm 1815 (Berlin. 8.) dreizehn, und v. d. Hagen (Breslau. 1814. 8.) sechs mit Übersetzung und Anmerkungen herausgegeben. Schon die jüngere Edda enthält unter den Dämisagen eine gedrängte Darstellung dieses Epos, bei Rühs S. 257 - 266. Die Wilkinasaga ist die umfassendste Bearbeitung der ganzen Nordischen Heldensage aus dem vierzehnten Jahrhundert. Größtentheils, nach ihrem eigenen Geständniß, auf dem Dentschen [Deutschen?] Heldenbuch beruhend, führt sie nicht blos keine Eddenlieder mehr an, wie noch die vorigen, sondern- widerspricht ihnen sogar öfter. Diese drei Sagen bilden die epische Paralelle zu den historischen der Heimskringla. Ihre Darstellung ist einfach, plastisch klar und durchaus volksmäßig.

Lodbrolar Quida, Urtext und Ueberetzung von F.Lorenz in dessen Geschichte Alfreds des Großen. -Hamburg, 1828. 8. S. 257 - 277, Durch Aslauga, seine zweite Frau, hängt dieser berühmte Vikingr genealogisch mit dem Volsungen Sigurd zusammen. - Eine Uebersetzung der Wilkina (Niflunga) und Volsungasaga gab v. d. Hagen unter dem Titel: Nordische Heldenromane. 4 Bde. Breslau 1814 und 15. 8 Ueber den Deutschen Ursprung der Wilkina (Niflunga) Saga. S. Altdeutsche Wälder v. den Brüdern Grimm. Cassel. 1813. Bd. I. p. 238 - 251.

Quelle: Das Heldenbuch und die Nibelungen, Karl Rosenkranz, Halle 1829, S. 11f
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