§. 17. B. Die Gothen und Dietrich.
Viel reicher sind wir an Sagen von Dietrich, dem Könige der
Amalungen oder Ostgothen [Ostgoten], welcher nicht wie Sigfrid um
eine schöne Jungfrau kämpft, auch nicht, wie er, in der
Jugendblüthe von heimlichem Mord hinweggerissen wird, sondern
ohne jene zarte Minne - denn seine Heirath mit Herrar, Helke's Schwester,
ist ziemlich nüchtern - ein langes, thatenreiches und mühseliges
Leben führt, dessen bedeutendste Momente Kämpfe mit Drachen
und Riesen überhaupt, sodann der Streit mit Burgundischen Helden,
insbesondere mit Sigfrid und endlich der Kampf mit seinem treulosen
Oheim Ermanarich um sein Erbe, das Römische Reich, ausmachen.
Das Widersprechende in den vielen Sagen von ihm muß man sich
nicht irren lassen und darin den politischen Standpunct 8Standpunkt]
vom kirchlichen unterscheiden Nach jenem dringen noch viele historische
Erinnerungen durch, wie er Geißel in Konstantinopel war, wie
er mit wenigen Genossen ganz für sich den Sarmatenkönig
Babai schlug, wie er sein Volk nach Italien führte, nach Ravenna's
Eroberung den Odoacher besiegte und mit allen Germanischen Stammen
in engere Verbindung trat. Nach diesem wird er als ein Arianer vom
Papst Johannes und vom Symmachus in den Vulcan der Liparischen Inseln
gestürzt, muß er (auch nach dem Gedicht von Etzels Hofhaltung)
bis zum jüngsten Tag mit Würmern in der Wüste kämpfen
u. s. f. Durchgehend aber ist die Sage von seinem feurigen Zornodem.
Quelle: Das
Heldenbuch und die Nibelungen, Karl Rosenkranz, Halle 1829,
S. 26
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