§.4. Helden der Sage.
Somit umfaßt die Sage vielfache Stuffen [Stufen] in sich,
wie sie vom herrlichen Leben der Götter an sich bis in die
gemeine Wirklichkeit des gewöhnlichen Daseins herabzieht. Aber
diejenigen Helden vorzüglich werden von ihr ergriffen und gepriesen,
welche die Seele des Volkes in einer thatenreichen Zeit gewesen
sind und deshalb von der einen Seite noch im Dämmerlicht der
mythischen Sternennacht stehen, wahrend von der andern Seite schon
die Morgensonne der Geschichte sie mit ihren hellen Strahlen begrüßt.
Solche Heroen sind Theseus in Attika, Alexander im Morgenland und
Abendland gleich sehr gefeiert, Moses, Artus, Alfred, Karl der Große,
Hermann der Cherusker, Theodorich der Ostgothe [Ostgote], Arpad
der Madschar, Wladimir I. in Kiew, u. a. Noch heute singt Italien
von Attila, von Tancred; noch heute lebt in der Deutschen Sage Karl
der Große, den sie in den Untersberg bei Salzburg und Friedrich
der Rothbart, den sie in den Kyffhäuser der goldenen Aue versetzt.
Solche Helden, weil sie auch den geheimsten Sinn eines Volkes verstanden
und offenbart haben, sind unsterblich.
Quelle: Das
Heldenbuch und die Nibelungen, Karl Rosenkranz, Halle 1829,
S. 5
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