ADAMS GEFÄHRTIN LILITH

Die Rabbinen tichten unter andern, es habe Gott aus dem Leimen der Erde nebst Adam auch eine Weibsperson, namens Lilit, gebildet und ihm solche zur Frau gegeben. Sie ziehen dieses Gedichte aus den Worten Mosis, da es heißet: Gott schuf ein Männlein und Fräulein, und melden weiter, Gott habe dieses Weib, weil sie wegen Gleichheit des Ursprungs sich sehr vermessen gegen ihren Mann bezeiget und ihm lauter Verdruß gemacht, aus dem Paradiese vertrieben, darauf aber diese Worte von sich hören lassen: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei, ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei. (Gen. 2,18) Nachdem also Lilit aus dem Paradiese verstoßen worden, habe sie sich mit dem Teufel verheiratet und ihm sehr viele Kinder geboren, welche Geister genennet würden. Diese Geister sollen mit sechs Eigenschaften begäbet sein, deren sie drei mit dem Menschen, drei aber mit dem Teufel gemein haben. Sie zeugen, wie die Menschen, ihresgleichen, sie essen Speisen und sind dem Tode unterworfen. Hergegen haben sie, wie die Teufel, gleichsam Flügel und eine Luftart an sich, sie sind unsichtbar und durchdringen die Körper ohne einzige Hindernis. Diese Arten der Geister, sagen sie, sind dem Menschen am wenigsten schädlich und pflegen sogar mit ihnen oftmals in großer Vertraulichkeit zu stehen. Es finden sich aber noch andere unter den alten Arabern, welche der Meinung sind, daß Margi und Margia, die ersten Stammeltern der Geister, gleichwie Adam und Eva der Menschen gewesen und daß selbige aus dem reinesten Feuer, welches weder hitzig noch rauchericht, erzielet worden. Von dieser Margia geben sie vor, daß sie einunddreißig Eier geboren habe, aus welchen alle Sorten der Geister ihren Ursprung bekommen.


Quelle: Otto von Graben zum Stein, Unterredungen von dem Reiche der Geister, Berlin 1741, III, 14. Unterredung, S. 159f.
aus: Historische Sagen, Leander Petzoldt, Schorndorf 2001, Nr. 1, S. 6