DIE SCHLANGENINSEL

Vor etwa 500 Jahren hauste auf Schloß Neuhaus ein grausamer Vogt, der den Donauzoll rücksichtslos einhob. Eines Tages wollte ein Handelsschiff landen, der Vogt kam aber zuvor und zog das Schiff ans Land. Er behauptete, das Schiff hätte sich dem Zoll entziehen wollen und erklärte die Ladung für verfallen. Die Schiffsleute setzten sich zur Wehr, unterlagen aber, der Kaufherr wurde in Ketten gelegt und in die Burg geschleppt. Er verfluchte den Vogt: «Elend sollst du zugrunde gehen, lebend von Schlangen und Nattern aufgefressen werden.» Der Vogt lachte nur darüber und setzte seine Untaten fort. Schließlich drohte ihm die Gefahr, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Er flüchtete auf eine Donauinsel, auf der er einen festen Turm erbaut hatte, nur ein Spießgeselle blieb bei ihm. Dieser holte einmal von Neuhaus herüber Lebensmittel. Als er wieder zurückkehrte, fand er das Tor offen und den Vogt, von Schlangen umwimmelt, tot am Boden liegen. Er wollte flüchten, aber die Schlangen erreichten auch ihn und töteten ihn. Seither heißt die Insel die Schlangeninsel. (Oberösterreich)

Quelle: Adalbert Depiny, Oberösterreichisches Sagenbuch, Linz 1932, S. 154, Nr. 78
aus: Historische Sagen, Leander Petzoldt, Schorndorf 2001, Nr. 29, S. 28