Der Riese Miligedo.
Als die Ordensmeister ins Land kamen, lebte ein großer Riese in
Preußen, Miligedo, der seiner Größe und Stärke wegen
im ganzen Lande bekannt war. Als er sich zum christlichen Glauben bekehrt
hatte, tat er seinen Landsleuten vielen Schaden, so daß sie ihn
fürchteten und in ihre Gewalt zu bekommen suchten. Nachdem nun die
Kreuzherren das Schloß Bartenstein besetzt hatten, in dem sich auch
Miligedo befand, belagerten es die Preußen unter ihrem Obersten
Matingo und trachteten vor allen Dingen danach, den Miligedo mit List
aus dem Wege zu räumen. Einer von ihnen, ein großer und starker
Mann, trat vor das Schloß und forderte den Riesen zum Zweikampfe
heraus, der sich nicht lange nötigen ließ und mit einer großen
Keule heraneilte, deren Knopf voller Blei gegossen war. Auf einen Streich
schlug er dem Preußen Haupt, Harnisch und Hirnschädel ineinander.
Von den zwanzig Preußen, die jetzt hervorbrachen, schlug er bald
fünfzehn zu Boden, während die übrigen die Flucht nahmen.
Miligedo zog wieder in Frieden auf die Burg, doch als er bald darauf gar
zu kühn und keck war, wurde er von fünfzig Mannen überfallen,
die ihn schließlich überwältigten und erschlugen. (Ostpreußen)
Quelle: W. J. A. v.
Tettau und J. D. H. Temme, Die Volkssagen Ostpreußens, Litthauens
und Westpreußens, Berlin 1865, S. 60 f., Nr. 55.
aus: Leander Petzoldt, Historische Sagen, Mit Anmerkungen und Erläuterungen,
Band II, Baltmannsweiler 2001, Nr. 620, S. 135.