88. Das Bergklingeln

Johann Jakob Scheuchzer schreibt in seiner im Jahre 1746 herausgegebenen Naturgeschichte des Schweizerlandes:

"Auf Seiten der Freiherrschaft Sax haben vormahlen die Anwohnere und vorbey Reisende bey heller Witterung, von dem End des Heu- biß zu dem End des Augstmonats, ohngefehr, wahrgenommen einen klingenden Ton, gleich demjenigen, welcher des Winters bey dem Schlitten-Fahren von denen Schellen gehört wird. Sie nenneten auch diesen Ton das Berg-Klinglen. Es hat wohl solche gegeben, welche diese Begebenheit anhörten als eine Musik der unter-irdischen Berg-Männlein. Ich meines Orts halte dafür, es seye dieser Ton anders nichts gewesen als eine Würkung des in einer Berg-Höhle zu gewüsser Zeit (wann der meiste Schnee auf der Höhe schmilzet) von der Höhe in die Tiefe herab fallenden Wassers. Heutzutag höret diese Berg-Musik auf, weilen vielleicht die gewesene Höhle ausgefüllet und folglich der Fall selbst nicht mehr kann gespürt werden.


Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 87, S. 40f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, April 2005.