288. Die Heiden

Vor Jahren kamen oft ganz fremde Leute auf die entlegenen Bauernhöfe und halfen den Bewohnern arbeiten. Sie verlangten dafür nur Speis und Trank, aber keinen Lohn. Woher sie kamen, konnte niemand sagen; welchen Glauben sie bekannten, wußte man auch nicht. Man nannte sie deshalb nur Heiden. Sie hatten eigentümliche Gebräuche. Ihre Lagerstätten wählten sie am liebsten auf den Heustöcken. Ihnen war es möglich, auf solchen Feuer zu unterhalten, ohne daß das Heu sich entzündete. Holz, welches sie verarbeiteten, war unzerbrennlich. Das habe man beim Holzwerk des alten Rathauses in Flums erfahren können, da dieses Gebäude nach dem Volksglauben aus der Zeit der Heiden herstammte.
Ferd. Stoop

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Das alte Flumser Rathaus wurde allgemein als ein "Heidenbau" betrachtet. Jetzt würde man es nicht mehr abbrechen. Jammerschade!
J. B. Stoop

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Vom 10. bis 12. Jahrhundert ließ sich ein zahlreicher deutscher Adel im Sarganserland nieder, und das deutsche Element verdrängte nach und nach das romanische. Möglich, daß unter den "Heiden" die Reste der Romanen zu verstehen sind.

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 288, S. 159f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, August 2005.