304. Der Geiger zu Fursch
Ein Zusenn hatte seine Geige, die er leidenschaftlich liebte und wunderschön
spielte, mit nach Fursch genommen; dort setzte er sich gern auf den Stollen,
um zu spielen. Als im Herbst das Vieh weggefahren war, mußte der
Zusenn allein zurückbleiben und aussennen. Da kam der Greller Jöri
zu ihm mit der "Sufetuse" (Molken-Tanse), um das übliche
Almosen zu holen. In der Nacht hörten sie auf dem Stollen draußen
alle die wohlbekannten Weisen geigen, als ob der Zusenn selbst dort wäre.
Eine große Furcht bemächtigte sich ihrer. Der unsichtbare Geiger
hatte Schneefall verkündet. Am Morgen lag die ganze Alp eingeschneit.
J. B. Stoop
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen,
Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 304, S. 169
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, August 2005.