326. Das Hundloch am Grohberg
Im Wald unter Casella, am Großberg zu Flums, beginnt zwischen den roten Felsen ein unergründet tiefer Gang westlich gegen das Tobel zu. Wer in der Mitte der heiligen Nacht hineingehe, könne zu großem Reichtum gelangen. Das wagte der Bauer des nahen Gutes Girenloch. Er kam über mehrere Treppen auf und ab in einen hohen, geheimnisvoll erleuchteten Raum. Da war eine Truhe. Ein feuriger Hund saß darauf. Ein Männlein trat dem Bauer entgegen und sagte, sein Begehren nach Reichtum werde erfüllt, wenn er alles, was man ihm befehle, genau befolge. Zuerst solle er den feurigen Hund anfassen und auf den Boden stellen. Der Bauer tat es. Da öffnete das Männlein die große Truhe, welche viele kleine Kistlein voll Gold enthielt. Der Bauer könne ein Kistlein nehmen und vor ein Uhr in sein Haus tragen. Wenn er dann nicht zu müde sei, gestatte er ihm, nocheinmal zu kommen und unter gleicher Bedingung ein zweites Kistlein zu holen. Der Bauer trug das goldgefüllte Kistlein freudig dem Ausgang zu und stellte es dort ab. Er glaubte, das zweite Kistlein noch sicherer zu gewinnen, wenn er es sofort hole. Er dachte: „Von da weg ist mein Haus nah; es geht abwärts, daß ich beide Kistlein zusammen fortbringe," Er erhielt wirklich auch das zweite Kistlein und gelangte damit bis zum Ausgang. Jetzt war er aber so todmüde, daß er sich niedersetzen mußte und einschlief. Als er am hellen Morgen wieder erwachte, waren die zwei Kistlein voll Gold nicht mehr vorhanden.
J. B. Stoop
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen,
Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 326, S. 182
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, September 2005.