463. Das Hungerbrünneli.
In der Hagenau bei Ganterschwil fand sich ein sogen. Hungerbrünneli, welches sonst trocken stand und nur Wasser führte, wenn eine Teuerung bevorstand. So soll es im Jahre 1816 stark gelaufen sein; dann folgte bekanntlich die Hungersnot von 1817. Hierauf versiegte es wieder bis 1845, und das folgende Jahr brachte infolge der Kartoffelkrankheit wieder teures Brot.
Auch in Rickenbach bei Wil soll solch ein Hungerbrunnen sein, der Anno 1770 stark gelaufen sei.
A. Lauchenauer.
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Man spricht in den Alpen von dm "periodischen Brunnen", die nur zu gewissen Tagesstunden stießen, weil sie vom Schmelzwasser der Gletscher gespiesen werden. Auf ähnliche Weise mögen die „Hungerbrünneli" nur in ganz nassen Jahrgängen in Tätigkeit treten, die einem Hungerjahr vorausgehen.
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni,
St. Gallen 1903, Nr. 463, S. 277
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