359. Die Klausnerin von Wallenstadt
Auf dem hohen Felsen, der die sehr sonderbare, wahrscheinlich auf den Ruinen einer Römerburg erbaute Wallfahrtskapelle St. Georg bei Bärschis trägt, hausten einst Klausnerinnen, Waldschwestern oder Beguinen, für welche später eine Klausur an die Pfarrkirche in Wallenstadt angebaut wurde.
Nach einer Urkunde von 1319 hatte diese Klause etwelchen Besitz an Boden und Einkünften und lebten dazumal die Klausnerinnen Anna und Elisabetha.
Nach einer andern Urkunde von 1451 war die Klause zu Wallenstadt von dem Predigerkloster zu St. Nikolaus bei Chur abhängig, kam dann aber schon vor der Reformation in Abgang.
Seither wandelt zu gewissen Zeiten nächtlicher Weile mit goldenen Schüsseln in der Hand eine weißgekleidete Jungfrau auf jene Stätte. Wer den Bann lösen würde, welcher diese längst hingeschiedene Jungfrau immer noch auf der Erde herumzuwandeln zwingt, wäre reich genug für sein ganzes Leben. Allein dieses Erlösungswerk ist ebenso schwierig als gefährlich, und schon ist einer an den Folgen eines mißglückten Versuchs gestorben.
J. Natsch
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni,
St. Gallen 1903, Nr. 359, S. 200f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, Juni 2005.