341. Das Nachtvolk vom Berg
Das Nachtvolk bestand aus einer großen Menge schwarzer Gestalten; in deren Mitte ging ein alle überragender weißer Mann mit großem Schlapphute (Wodan!). Wenn ein Einwohner des Flumserberges auf dem Sterbebett lag, sah man das Nachtvolk in einem langen Zuge vom Berg heruntergehen bis nahe an das Dorf. Bei einem alten, ganz verfallenen Hause, beim alten Rathause, machte es Halt, als wollte es Verhandlungen pflegen. Dabei war ein weithin vernehmbares, unheimliches Gemurmel hörbar. Nachdem das Nachtvolk längere Zeit dort verweilt hatte, zog es wieder den Berg hinan, wo es im Dunkel der Wälder verschwand.
NB. Wenn eine Leiche vom Flumserberg zu begraben war, hielt der Leichenzug bei jenem alten Rathause an und ward vom Pfarrer, der ihm bis dorthin entgegenging, abgeholt.
Rob. Rizzi
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 341, S. 191
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, September 2005.