451. Pest, 1565 - 69.
Im Jahre 1565 wütete eine leidige Pestilenz so grausam, daß im Dorfe Mosnang nur noch 93 Personen übrig geblieben, 30, die Gott vor so schrecklichem Übel in Gnaden verschonet, 33, die zwar von der leidigen Pest überfallen worden, jedoch wieder frisch und gesund aufgestanden sind, und 30 waren so schwach, daß man sie nie verlassen durfte, so daß man nicht wußte, welche zuerst sterben würde. Diese ansteckende pestilenzische Seuche dauerte etliche Jahre, und jedes Jahr beiläufig zwei bis drei Monate, während welcher Zeit der wohlehrwürdige Herr Bartholomä Fust, Pfarrer in hier, und mit ihm aus dem Dorfe Mosnang allein ungefähr 230 Personen starben.
Von St. Verena-Tag 1565 bis aus die Kirchweihe 1569 sind nicht weniger als 528 Leute diesem Übel erlegen, nach damaliger Volkszahl beinahe die Hälfte der Pfarrkinder. Desgleichen ist auch der Hw. Herr Pfarrer Jakob Philipp Stößel samt seinen Mesnern von dieser Krankheit ergriffen worden. Von diesen Mesnern sind
vier in einem Monat gestorben und zwei andere auch schon sehr krank gelegen, aber durch Gottes Hilfe wieder gesund geworden. Doch ist einem von diesen beiden auch schon der Totenbaum gemacht worden, weil er für tot gehalten wurde; er hat jedoch nachher noch etliche Jahre gelebt.
Das Übel war so groß und das Sterben so viel, daß die Leute aus der Gemeinde Mosnang nirgends hin haben wandeln dürfen; man floh sie auf allen Straßen und Märkten; in den Städten und auf dem Lande wurden sie, wie die Siechen und Aussätzigen, von jedermann abgesondert. Denn solche Pest war ganz neu und bei Mannsdenken und länger kein solches Sterben gewesen. Anno 1565 ist diese leidige Sucht und dies vielfach grausame Sterben auch in das Libinger Gebirg und nach Halden gekommen. Dort sind von etlichen und 40 Personen nur noch zwei Kinder übrig geblieben, und eines ist geflüchtet worden, das später dennoch an der Pest gestorben. Diefe leidige Pestilenz hat zu Halden, Engelbolgen, Vettigen, auf dem Stein, zu Libingen und der Orten so grausam zugenommen, daß der, Pfarrherr und Mesner einen halben Tag und eine ganze Nacht ohne Aufhören mit den heil. Sterbsakramenten zu den Kranken gehen mußten, so daß etliche während der heiligen Handlung gestorben sind.
Nun ist zu wissen, daß der wohlehrwürdige Herr Pfarrer Jakob Philipp Stößel mit Bewilligung und herzlichem Verloben der ganzen Gemeinde Mosnang drei Kreuzgänge mit ausgespannten Armen (in möglichst wahrer Andacht) um das Dorf auf alle vier Straßen angelobet, welche nun fürderhin und zu ewigen Zeiten ein jeder Pfarrer schuldig ist, jährlich von der Kanzel zu verkünden, den ersten am Freitag vor St. Gallentag, getreulich zu verrichten. Und sollte die Witterung an einem der drei Freitage gar ungünstig sein, sollen die Andachtsübungen in der Kirche gehalten werden. Das Pfarrvolk ist alljährlich allen Ernstes zu ermahnen, daß selbes dem Gelübde und Versprechen ebenfalls getreulich nachkomme, damit die allerheiligste Dreifaltigkeit auf die Fürbitte der jungfräulichen Mutter Maria, der hl. Kirch- und Gemeindepatronen Georg und Theodul, des hl, Sebastian und aller lieben Heiligen die ganze Gemeinde und die gesamte Christenheit vor solch trübevollen Zeiten, großem und gemeinem Elend jetzt und zu aller Zeit gnädigst beschützen, beschirmen und bewahren wolle. Amen.
Aus dem Büchlein: "Andachtsübungen bei den drei Bitt- und Bußgängen auf alle vier Straßen für die Pfarrkinder zu Mosnang" von Pfarrer Heinrich.
Durch J. Moser.
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni,
St. Gallen 1903, Nr. 451, S. 265
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