348. Der silberne Baum.
Hoch oben an der Steienwand, die senkrecht in grauenhafte Tiefe gegen die Talebene zwischen Bärschis und Tscherlach abfällt, sickert an deren Westseite zuzeiten etwas Wasser aus einer Spalte und zeichnet weithin ein nasses Band an dieselbe. Einmal habe ein Venediger, der von Weesen her den Walensee passierte, mit seinem Bergspiegel diesen Fels und sein Wasserband genau und lange fixiert und dann gesagt: „Hinter dieser Wand, unweit der Stelle, wo das Wässerchen zu Tage tritt, steht ein riesengroßer Baum, der aus reinen: Silber besteht. Wer ihn gewinnen könnte, würde überaus reich werden." Der Baum steht noch; denn keiner hat es bisher versucht, den Weg zu ihm zu finden.
O. Giger.
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 348, S. 196
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, November 2005.