315. Die verhexten Kühe
Ein Bauer wollte im Maiensäß die Kühe tränken. Die
Tiere tranken jedoch nicht, sondern streckten die Schwänze dem Brunnentrog
entgegen. Sogar die zwei Saugkälber ließen sich nicht dazu
zwingen, die Milch von den dargebotenen Fingern zu nehmen, sondern standen
ebenfalls verkehrt hin. Bestürzt trieb der Bauer die Tiere in den
Stall, ging nach Hause und zog die Sonntagskleider an, um im Dorfe einen
Geistlichen zu holen. Erschrocken schaute ihm die Frau, die gute Walpurga,
nach. Bei dem Gute Bündt holte ihn ein Mädchen ein, das ihn
beschwor, ja nicht im Dorfe Anzeige zu machen, da es sonst höchst
unglücklich würde.
A. Sprenger
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen,
Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 315, S. 177f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, August 2005.