352. Die Wäscherin
Zwischen dem nun verlasseneu Stege (der Weg führt jetzt viel weiter oben in die Alp), der über den Alpbach führte, und dem weiter oben stäubenden Wasserfall hält an der Sonnenseite des Bachufers ein altes Weiblein zuzeiten in emsigster Beweglichkeit seine Wäsche. Sein Blick ist einzig auf diese gerichtet; nur wenn der Vorübergehende stillehält und sein Tun beobachten will, kehrt es sich um und fixiert ihn mit bösem Blick, der ihm sagt: „Geh deines Weges weiter, oder...." Die stumme Gebärde wird dann auch verstanden und stracks befolgt. Nur Fronfastenkinder sind aber befähigt, die Wandelnde zu Gesicht zu bekommen.
O. Giger.
Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 352, S. 198
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, November 2005.