Die erlöste Hand
Auf der Saueben oberhalb des grauen Schlosses Bayreck ist ein Wirtshaus.
Vor langer Zeit, unser Herrgott war damals noch nicht so alt, hatten die
Wirtsleute eine Magd, die schickten sie einmal in den Keller hinunter,
sie soll Erdäpfel holen. Im Keller drunten aber hing eine Hand, die
hielt einen Beutel, und eine Stimme wisperte allweil wieder: "Nimms,
nimms!" Die Dirn aber rannte davon, und die Knie zitterten ihr. Sie
erzählte es ihrem Vater, der hatte im Dorf Dörrstein eine verfallene
Hütte. Der Vater stieg mit ihr in den Keller hinunter. Dort sah die
Dirn wieder die Hand und den Beutel drin und hörte die Stimme bitten:
"Nimms, nimms!" Der Vater aber merkte nichts, wie er auch mit
der Kienleuchte herumfuchtelte. Die Magd packte schließlich den
Beutel und nahm ihn zu sich. Da seufzte die Stimme auf: "Ver-gelts
Gott!" und die Hand war verschwunden. Der Beutel war voller schwedisches
Gold, und die zwei kauften sich dafür in Österreich einen schönen
Bauernhof.
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)