Im wilden Garten
Vor Zeiten stieg einmal ein Mann auf den Berg Libin. Er kam vom Weg ab
und irrte die Kreuz und die Quer durch die finstre Wildnis. Auf einmal
geriet er mitten im Wald in einen Garten, dort war es wunderschön
und licht, die Sonne schien hell darein, und die allerseltsamsten Stauden
wuchsen da, und daran hingen ganz fremde Früchte, wie er sie nie
gesehen. Blumen blühten da in allen Farben und Größen,
sie waren wie von fremden Inseln, und wildfremde Vögel flogen durch
die Luft oder saßen im Laub, und sie schlugen so wild und so schön
und so traurig, und es war ein wunderliches Gesäus im Gras. Da ward
es dem Mann schwindlig vor den Augen, und er wurde so müd und legte
sich ins Moos und schlief ein. In der Nacht erst wachte er auf, wie in
Prachatitz drunten die Säumerglocke läutete. Wie der Mann wieder
heimkam, war er ganz anders als früher, seine Augen schauten überall
vorüber, und er redete nicht mehr viel. Es war sein Glück, daß
er aus dem verwunschenen Garten heraus kommen war. Andere, die sich auch
hinein verirrt hatten, kamen nimmer heim.
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)