Die Knödelbäurin

Die Knödelbäurin aus Wischowitz hätte ihr Gesind am liebsten verhungern lassen. Drum nagelte ihr Hütbub einmal eine Nudel von der Mittagschüssel an die Stalltür und schrieb darunter: "Nudel, schwör, ob du schon einmal ein Schmalz gesehen hast!"

Die Knödelbäurin butterte allweil in der Samstagnacht aus, und das ist eine große Sünde, weil die Samstagnacht heiliger ist als der Sonntag selber. Wie sie gestorben war und auf den Freithof geschafft wurde, schaute sie ihrem eigenen Begräbnis aus der Dachluke zu. Die abgeschiedene Seele polterte hernach lange Zeit im Haus herum, sie zählte nachts die Eier, krabbelte die schlafenden Hennen in der Hühnersteige und molk die Kühe und ließ Vieh und Leute nicht schlafen. Drum verwünschte sie ein Pfarrer auf den Hötschenberg nach Tirol, dort muß sie Wolken schieben. Einige meinen, die wilde Jagd habe die Bäurin mitgenommen. Aber gewiß ist, daß einmal ein Federnhändler aus dem Osserland nach Tirol kam, und wie er durch eine schaurige Klamm reiste, so wischte ein Gespenst an ihm vorüber, grau wie eine Spinnwitte, und das seufzte ein ums andremal: "Ich bin halt die Knödelbäurin von Wischowitz."

Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)