Kopf ab!
Ein Geschirrhändler aus Kaltenbach hielt einmal in Passau seine Häfen feil. Da geriet er mit einem in Streit, und in der gähen Hitze ließ er ihm das Messer hinein. Deswegen wurde ihm das Urteil gesprochen: der Schädel sollte ihm abgeschlagen werden. Den Scharfrichter erbarmte der fremde Geschirrhändler, und er wollte ihm beim Köpfen nicht arg weh tun, drum suchte er sich sein allerschärfstes Schwert, das war blattdünn geschliffen. Die bittere Stunde kam, und der arme Sünder saß an den Stuhl gebunden und wartete auf den Streich. Da schlug ihm der Scharfrichter das gute Schwert so schnell durch den Hals, daß ihm der Kopf auf dem Leib sitzen blieb und kein Blutstropfen rann. Die Passauer wunderten sich arg, solches hatten sie noch nicht erlebt, und die Gerichtsherren ließen den Kerl laufen, meinten, er habe Angst genug ausgestanden, und ehrten das Wunder. Der Scharfrichter verband ihm den Hals und gab ihm noch den Rat auf den Weg, er soll den Kopf hübsch steif tragen. Wie hernach der Häfenmann gegen die Grenze des Bistums kam und ihn der Hals gar nimmer juckte und gar im Bräuhaus zu Grainet die Musikanten zum Tanz aufspielten, da kehrte er ein und ließ sich eine Maß Bier einschenken. Und ein bairischer Mann hielt ihm sein Brisilglas hin. Jetzt freute den Häfenmann das Leben erst recht, und er schlug sich eine hübsche Fuhre Tabak auf die Hand und schnupfte. Auf einmal tat er einen scharfen Nieser - hatschi! - und der Schädel flog ihm vom Hals mitten in den Tanz hinein.
Helf Gott, daß es wahr ist!
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)