Künische Schützen
Die drei Frischbuben gössen in der Mettennacht Kugeln, sie gössen sie auf dem Gerüst ihres Stadels, und die Kugeln fehlten niemals das Ziel. Jetzt schössen die drei vom Frischhof bis zum weit abgelegenen Karlhanselhof und schössen dort dem Bauer einen bayrischen Sechser aus den Fingern. Sie schössen den Hahn im Hühnersteig mitten aus den Hennen heraus. Gar der Frisch Melches war ein fertiger Zauberer. Wie einmal Räuber in den Hof kamen, fror ihnen der Melches die Flinten an die Erde an, daß sie sie nimmer aufheben konnten und davonrennen mußten.
Dazumal brachen auch die Schweden ins künische Land ein. Da schoß der Melches vom Stindelriegel über die Tannen und Felsen unglaublich weit auf den Hammerer Steig hinunter und schoß den Hauptmann, der eine Schärpe trag, mitten aus den Schweden heraus. Wie die Schweden weit und breit keinen Schützen sahen, glaubten sie, ein Feuer sei aus dem Himmel gefallen, und sie kehrten um und marschierten aus dem Land.
Wegen ihrer Tapferkeit hatten die künischen Bauern große Rechte
und Freibriefe. Sie waren nicht leibuntertan, sie zahlten geringe Steuern,
sie durften ohne Erlaubnis der Obrigkeit heiraten und brauchten keinen
Militärsmann zu stellen. Das närrische Jahr 1848 brachte sie
um manche Freiheit. Aber künisch Bauernrecht steht noch in Prag in
den Büchern aufgeschrieben mit goldenen Buchstaben.
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)