Das Panzermännlein

Es sind schon mehr als hundert Jahre her, da hauste am Panzer droben ein Bäuerlein, das mußte nach seinem Tod lange büßen. Da sagte in der Mettennacht der Bauer vom Rueperlhof zu seinen Ehalten: "Wer von euch holt mir heut vom Panzermännlein einen Milchdeckel? Wer sich hintraut, dem schenk ich die schönste Kuh im Stall." Da meinte eine Dirn, um der schönsten Kuh willen wolle sie es wagen. Bei Nacht und Nebel ging sie den Berg hinauf, der Weg war weit, der Schnee war tief, und die Kälte schnitt wie Gift. Schließlich stand die Dirn im Windsbraus hoch oben vor des Büßers Hütte. Das Fenster war licht, und in der Stube drin huschte das verstorbene Männlein beim Ofen herum und kochte und rauchte dazu eine Pfeife Tobak. Die Dirn ging zu ihm hinein und bot ihm Gottes Gruß. Ihr war, als hätte der Kleine sie erwartet, und noch ehe sie ihren Auftrag ausgerichtet hatte, gab er ihr den Milchdeckel. Dann winkte er ihr, sie soll mit ihm essen. Aber alles, was vom Herd kam, war schwarz und verbrannt, und darum scheute sie sich davor. Da sagte das Männlein: "Fürcht dich nit! Schreib nur ein Kreuz darüber und iß!" Die Dirn folgte, und es wurden lauter gute Krapfen daraus. Wie sie todmüd wieder in den Hof zurückkam, kam der Bauer gerade aus der Kirche heim. Da zeigte sie ihm den Milchdeckel. Das verdroß den Bauer arg und er sagte, er sei ihr keinen Pfifferling schuldig, es sei alles nur ein Spaß gewesen. Wie er aber am nächsten Tag in den Stall schaute, lag seine schönste Kuh tot auf der Streu.

Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)