Raben und Roß
Auf der Burg Trojas saßen wilde Brüder, die mußten nach dem Tod um ihrer Gewalttaten willen umgehen, und sie geisterten noch, als ihre Burg schon längst zertrümmert war. Alle Freitag standen sie in menschlicher Gestalt auf dem Gemäuer, sie tragen Rabenköpfe und krächzten so schauerlich und scharf, daß sie alle Vögel aus dem Wald verscheuchten und niemand mehr an der Burgstätte vorübergehen wollte. Aber einmal pirschte sich ein junger Förstersknecht heran und schoß auf die drei Rabenmänner. Der Schuß krachte so gewaltig, daß der Jäger hinfiel und wie tot lag. Als er wieder zu sich kam, sah er in einem Wasser, daß ihm aus dem Gesicht ein langer borstiger Rabenschnabel gewachsen war. Er trug sein Unglück und allen Spott und Abscheu der Leute geduldig manches Jahr. Um das Trojaser Schloß aber flogen jetzt die drei Verwunschenen als wirkliche Raben, und sie klagten und krähten nimmer so wild wie vormals. Und als der Jäger starb, hörten die Holzhacker von der Burg her drei Stimmen singen:
"Jäger mit der Rabennasen,
liegst jetzt unterm Freithofsrasen,
Gott gibt dir die ewige Rast,
weil du uns erlöset hast."
Seitdem hörte man die drei nimmer.
Ein Schulmeister ging einmal bei Kirchschlag auf einem Kreuzweg. Auf einmal um Mitternacht sprang von der Burg Trojas her ein riesiger Rappe aus dem Wald, seine Augen waren größer als ein Katzenkopf und sprühten Funken, die Mähne stand ihm geberg und war wie ein aufbegehrendes Feuer, der Schweif und die Hufeisen waren feuerrot, und aus den Kniescheiben standen goldene glühende Sporen heraus. Das schwarze Roß wieherte, daß die Wälder schallten, und sein Huf klirrte, und es ging neben dem zitternden Schulmeister daher und lud ihn mit allerlei Gebärden ein, er solle auf ihm reiten. Erst wie der Wald ein Ende nahm, warf sich das Roß herum und tummelte mit höllischem Lärm dem Walde Trojas zu, es weckte den Sturm, und die Tannen prasselten und krachten und eine glühende Staubwolke hing über der Finsternis. Aber auf einmal war alles wieder todstill.
In späteren Jahren wurde das geistische Roß alleweil lichter
und weißer, und jetzt trifft man es nimmer an.
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)