Rauhnacht
Ein rauschiger Kerl tappte einmal um Mitternacht an der Flanitzschwelle
dahin gegen Stierwald. Hulloh hebt sich gäh das wilde Gejage in den
Lüften an, und das Gehölz kracht und faucht und seufzt und biegt
sich, und im Wind droben grollt und rollt und miaut und wiehert es, als
ob tausend Hunde und Katzen und Rösser dahin flögen. Den Kerl
unten aber machte der Rausch keck, und er tat es der fliegenden Jagd nach,
bellte und wieherte und schrie wie ein Märzenkater. Aber auf einmal
verging ihm der Spott auf den Lefzen, er spürte, wie er das Erdreich
unter der Ferse verlor, wie es ihn nahm und hob und wie er über die
Wälder dahin flog. Und grobe und klare Stimmen kamen aus dem Sturm
und riefen ihn an: "Heb die Haxen!" Da zog der Kerl vor Angst
die Knie bis an den Bauch, aber dennoch schleifte es ihn durch die Tannenspitzen,
Schienbein und Schenkel schlug er sich blutrünstig, und die Zehen
verstauchte er sich an den Wipfeln. Der kalte Schweiß kam ihm. Schließlich
setzte die wilde Jagd ihn völlig zerschunden und abgehetzt auf das
Dach einer öden Brechelstube ab.
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)