Die Reise ins Tirol
Einmal rastete ein Pechbrocker am Teufelsee. Da stand auf einmal der
Seemann vor ihm, der war kaum größer als ein dreijähriges
Kind, hatte aber ein ältliches Gesicht und einen moosigen, nassen
Bart, der bis zur Erde hing. Er klagte, sein Weib sei ihm gestohlen worden,
der Pechbrocker solle ihm suchen helfen. Der Pechbrocker war ein herzhafter
Mann, und weil ihn das kleine Schratel so bitterlich bat, ging er mit
ihm auf die Reise, und in ein paar Stunden waren sie bei einem fremden,
wilden, großen See. Da sagte der kleine Wittiber: "Pechmann,
du mußt da warten. Ich spring jetzt ins Wasser, und wenn es rot
aufgeht, krieg ich mein Weib zurück." Der Seemann sprang in
den fremden See und tauchte, und gleich darauf wurde das Wasser blutig
und es sauste und brodelte und ein schreckliches Getöse war zu hören.
Der Pechler wartete lange, wie aber der Seemann nimmer auftauchte, ging
er in ein Dorf und fragte, wo er denn eigentlich sei. Die Leute verwunderten
sich über die Rede und sagten, er sei in Tirol. Jetzt mußte
er allein in seinen Holzschuhen den weiten Weg in den Böhmerwald
zurück anheben.
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)