Die Unholdin
Ein Bauer aus Rotsaifen prahlte oft, er fürchte keinen Geist und
nehme es mit jedem auf. Wie er einmal schlief, kroch durchs Schlüsselloch
ein dünnes Wesen in die Stube, es wurde immer größer und
breiter, ging zum Bett hin und wollte dem Schlafenden weh tun. Aber der
fuhr auf, erwischte ein Messer und stach nach ihr: "Ach, das ist
die verfluchte Trud!" Da verging die Gestalt. Aber sie kam Nacht
für Nacht wieder. Einmal versteckte sich der Bauer unter dem Bett,
und wie die Trud sich wieder über seine Liegestätte beugte und
ihn drosseln wollte, rannte er ihr von unten das Messer hinein. Da floh
sie winselnd. Aber ein paar Tage nachher starb das Weib des Mannes und
bald darauf die Wirtschafterin, die er sich genommen hatte, und lange
Zeit scheute alles das verrufene Haus.
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)