Wassermännlein
Die Wassermännlein gehen unter den Leuten herum, man kennt sie aber gleich heraus, weil ihnen alleweil aus dem linken Ärmel das Wasser herabtropft. Einmal sah einer auf dem Viehmarkt ein solches Wassermännlein und stieß seinen Begleiter: "Siehst es, das ist ein Wassermandel, dem tropft das Wasser aus dem linken Ärmel." Als hernach der Mann allein war, kam das Wassermännlein zu ihm und sagte: "Wir zwei rechnen einmal miteinander ab, weil du mich verraten hast." Als derselbe Mann einmal an einem Tümpel vorbeiging, da fiel ihm das Wassermännlein von hinten ins Genack und tauchte ihm den Kopf in den Tümpel, daß der Mann ersoff.
In Winterberg kam einmal ein Wassermännlein in eine Fleischbank,
es hätte sich gern einen Braten geholt. Es hatte ein grünes
Gewand an und aus der rechten Rocktasche tröpfelte es beständig.
Den Fleischhacker ritt der Übermut, er erkannte gleich, mit wem er
es zu tun hatte, und begehrte, das Männlein solle auf das Fleisch
zeigen, das es kaufen wolle. Wie es nun auf das Fleisch tupfte, das am
Stock lag, schlug der boshafte Meister mit der Hacke hin und schlug ihm
den Finger ab. Da hob das Wassermännlein die blutige Hand und drohte:
"Fleischhacker, du mußt ersaufen!" Der Fleischhacker aber
dachte, das wolle er wohl verhüten, und er wich seit der Zeit allen
Weihern und Wassern aus, daß die Drohung zuschanden werde. Aber
einmal kam er in hoher Nacht vom Bier heim, und weil er vor lauter Rausch
die Tür nicht fand, so legte er sich unter die Dachtraufe hin und
schlief ein. Doch in der Nacht brachen die Wolken, der Regen schoß
vom Dach herunter, und am Morgen fand man den Fleischhacker unter der
Traufe ertrunken.
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)