Wetterbann
In Jenewelt schoben einmal die Männer Kegel. Da zog ein schweres
Wetter auf, und der Wirt meinte: "Heut kommt es grob daher. Gott
behüt unsre Felder!" Da war auch einer drunter, ein Lüneburger
Fuhrmann, wie sie dazumal von weit her in den Böhmerwald um Glas
reisten, und der lachte und sagte: "Fürchtet euch nit! Das Wetter
tut nix. Es ist ein gemachtes Wetter, und daß es nit zu uns herkommt,
dafür will ich sorgen." Er stieß sein Messer in die Tischtafel
und sagte: "Jetzt muß ich gefragt werden." Da stand das
Wetter still und wich ab. Und ein zerrupftes schieches Weib rannte daher
und bat: "Sei so gut, hilf uns! Wir sind schon bis zum Knie im Eis."
Der Lüneburger kümmerte sich nicht um sie, und sie huschte davon
und das Wetter wirtschaftete, daß es ein Graus war, aber gen Jenewelt
kam es nicht. Da stand das zottige Weib wieder da und winselte: "Laß
uns aus, schönster Fuhrmann! Wir stehen schon bis zur Mitte im Eis."
Er aber gab ihr wieder kein Gehör, sein Messer stak im Tisch, und
das Weib verging wieder. Aber es stand nicht lange an, da war sie zum
dritten Mal da und klagte und jammerte: "Laß uns aus! Wir sind
schon bis zum Hals im Eis, und wenn es nit fällt, kommen wir drin
um." Jetzt riß der Fuhrmann das Messer aus dem Tisch und redete:
"Ich laß euch aus. Aber haltet euch über die Wälder,
und daher dürft ihr nit!" Das wilde Weib verschwand und das
Gewitter rollte über die Wälder nach Bayern und tobte ganz unbändig.
Bald kam die Botschaft, daß im bayrischen Wald Eis niedergegangen
sei und alles in Grund und Boden geschlagen habe.
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)