Die Wetterhexe
Über der Stadt Neuern stand einmal ein schreckliches Gewitter. Der
Mesner läutete ganz verzweifelt die Wetterglocken, der Pfarrer trug
die Monstranz aus der Kirche heraus und gab den goldenen Segen gegen das
Gewölk, aber das Wetter rührte sich nicht und blieb ein paar
Stunden auf demselben Platz stehen. Der Pfarrer war ein gewaltiger Wetterherr,
und wie alles nichts nützte, schoß er eine hochgeweihte gläserne
Kugel ins Gewitter hinauf. Da flog ein Weib langsam aus der Höhe
herunter. Der Geistliche fragte sie, wie es komme, daß sie aus den
Wolken gefallen sei. Sie sagte, sie habe schon oft mit den Wettern über
Neuern fahren wollen, aber ein jedesmal hätten sie die eisernen Hunde
zurückgescheucht, die im Kirchturm drunten gar so hart gebellt hätten.
Jetzt übergab der Pfarrer die Hexe dem Richter. Wie sie auf dem Scheiterhaufen
stand, bat sie sich als Gnade einen Knäuel Zwirn aus. Und wie das
Feuer aus dem Holz schlug, wickelte sie den Faden um einen Finger der
linken Hand, mit der rechten warf sie den Knäuel in die Höhe
und fuhr mit einem hellen Schrei wie ein Blitz dem Faden nach und verschwand.
.Solches war dem Hexenbrenner noch nicht untergekommen.
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)