Zuserbeuterl!
Am Unschuldigen-Kindertag ging eine Kreuzschar aus dem Mühlviertel
gen Maria Schnee. Da sahen sie am Weg vor sich viele kleinwinzige Kinder
in einer langen, langen Reihe wallfahren, und das letzte von den Kindern
verfing sich allweil wieder in den Zipfel seines Hemdleins, und es stolperte
und stürzte hin, stand wieder auf und fiel wieder über sein
allzulanges schneeweißes Hemd. So blieb das Kind langsam zurück;
es fürchtete, die andern gingen ihm davon, und so weinte es gar gotteskläglich.
Das sah eine Wallfahrerin, und weil ihr das Kind bitter leid tat, tröstete
sie es: "Wein nit, mein Zuserbeuterl, ich bind dir den Zipfel hinauf!"
Da sagte das Kind: "Gottlob, jetzt hab ich auch einen Namen!"
Es war ein Kind, das ohne Taufe gestorben war.
Quelle: Hans Watzlik, Böhmerwald-Sagen, Budweis 1921 (Böhmerwalder Dorfbücher, 5. Heft)