Der Tiroler Landreim, Teil 1


Von Georg Rösch von Geroldshausen, 1558

Der Tiroler Landreim, Teil 1
Der Tiroler Landreim, Teil 2

Der Tiroler Landreim, Teil 3
Der Tiroler Landreim, Teil 4

Der Tiroler Landreim von Georg Rösch von Geroldshausen ist das erste in deutscher Sprache gedruckte Gedicht in Tirol.

In Knüttelversen verfasst, behandelt der Tiroler Landreim alles wirtschaftlich Wesentliche der damaligen Zeit und stellt dadurch die erste Landeskunde Tirols dar.

Das Gedicht besteht aus 1015 Verszeilen. Sie reimen sich nicht immer. Genau 60 Prozent der Verszeilen behandeln den Salz- und Erzbergbau mit den dazugehörigen Sudhütten und Metallschmelzhütten einschließlich der Aufzählung verschiedener Erz- und Mineralvorkommen, die restlichen 40 Prozent des Gedichtes schildern die übrige Wirtschaft des Landes sowie geographische und bodenkundlich-landwirtschaftliche Verhältnisse.

Auch wenn das Werk vom dichterischen Standpunkt aus als holprig bezeichnet werden kann, ist es inhaltlich umso wertvoller. Der Autor breitet vor uns die erste Landeskunde Tirols aus, die in dieser Vielfalt und Vollständigkeit in ihrer Zeit nichts Gleichwertiges und Vergleichbares aufzuweisen hat.

Aber auch hier steht der wirtschaftsgeschichtliche Aspekt im Vordergrund. Die Charakterisierung der Menschen liegt nicht im Interesse der am Folkloristischen noch nicht begeisterten Zeit. Die Gewässer, Flüsse und Seen werden ziemlich vollständig aufgezählt, die Gebirge, den damaligen Menschen in ihrer Naturschönheit fremd, stehen stark im Hintergrund, die Städte werden nur in ihren wichtigsten kulturellen Denkmälern geschildert, etwa Innsbruck im Goldenen Dachl, der Hofkirche und der Martinswand, von den Klöstern sind Stams als Grablege der Landesfürsten und Wüten mit der eingehenden Gründungslegende des Riesen Haimon hervorgehoben.

Die Wirtschaft dominiert als jenes Element, das ein Land begehrenswert macht, auf allen Gebieten. Hier steht in der Bedeutung der Bergbau in Schwaz und am Röhrerbühel bei Kitzbühel in einer langen Beschreibung im Vordergrund, wobei die Organisation und die Methoden der Erzgewinnung und der Verhüttung kenntnisreich geschildert werden. Es folgen der Salzbergbau und die Saline und die Münzprägung in Hall. Die Holzgewinnung und die Köhlerei als Hilfsbetriebe des Bergbaus finden eingehende Darstellung, wobei auch die Freiheit des Lebens der Holzknechte mit menschlicher Wärme betrachtet wird. Erwähnt werden im Bereich der gewerblichen Wirtschaft auch die Glashütten und die für künstlerische Zwecke verarbeiteten Werksteine, besonders der Marmor, ferner die Gewinnung von Gips, Alaun, Kreide, Arsenik, Quecksilber, Schwefel — und die Halbedelsteine wie Malachit, Granat und Bergkristall; ferner die Messingerzeugung, der Geschütz- und Glockenguß, und die Gewinnung des Steinöles, des sogenannten „Thyrschenblutes", in Seefeld. Mit der Kohle wußte man noch nicht viel anzufangen, immerhin erwähnt Rösch, dass in Häring „der Berg brennen tuet", ein brennendes, auch später immer wieder erwähntes Glanzkohlenflöz. Auch die Seidenraupenzucht in Rovereto und die Erzeugung von Seide und Samt gehören in den gewerblichen Bereich.

Der zweite große Reichtum des Landes, die Landwirtschaft, wird mit allen Eigenheiten der einzelnen Talgebiete geschildert: Die Viehzucht mit den wichtigsten Jahrmärkten; der Wildreichtum mit Bär, Wildschwein, Gemse, Luchs, Wolf, Murmeltier, Fischotter usw., die Fischerei mit Hechten, Aschen, Rot-huchen, Forellen, Neunaugen; der Obstbau mit Feigen, Kastanien, Mandeln, Zitronen, Limonen, Pomeranzen; der Weinbau mit den einzelnen Marken wie Traminer, Eppaner, Terlaner, Lagreiner, Leitacher, Missianer, Schreckbichler usw.; der Gemüsebau mit Spargeln und Artischocken, („der Herren Essen"); die Getreideanbaugebiete, vor allem der Vintschgau als „Mutter des Kornes"; die Heuwirtschaft der Seiser Alm; die Käsesorten. Den „Fremdenverkehr" lassen die „Badin" und Wildbäder ahnen, auch Heilkräuter und Beeren (Schlehdorn, Kranewittbeeren, Erdbeeren, Wermut, Speik) werden erwähnt.

So ergibt sich ein vielgestaltiges Bild der Wirtschaftsformen des Landes, in dem manches enthalten ist, das heute noch für gewisse Gegenden und Täler typisch ist und bei Rösch erstmals erwähnt wird, und anderseits wird eine eingehende Darstellung von Wirtschaftszweigen gebracht, die heute keine Rolle mehr spielen, denen aber das damalige Tirol seine große Bedeutung verdankte wie eben der Bergbau, die Münzprägung, die Salzgewinnung.

Mancher Schatz der Natur ist seither verschwunden, aber andere Naturprodukte haben heute noch ihre spezielle Bedeutung im Haushalt der Menschen. Ohne allzuviel Beiwerk an Worten, breitet der Landreim in gedrängtester Fülle und in holprigem Versmaß den Reichtum Tirols vor uns aus, getragen von Kenntnis und Liebe zur Heimat, frei von gelehrten Floskeln und langatmigen Erklärungen.
Dr. Erich Egg

Tiroler Landreim, Georg Rösch von Geroldshausen, Der fürstlichen Grafschaft Tyrol Landreim, Titelblatt der Ausgabe 1558

Der fürstlichen Grafschaft Tyrol Landreim
Titelblatt der Ausgabe 1558

Allen Ländern eben
sind von Gott viele Gnaden gegeben,
sei es der Ertrag von Weinreben
oder andere Nahrung daneben —
nicht zuletzt der Grafschaft Tirol,

5

die besteht den Vergleich mit allen wohl!
Ihrer wollen wir bestens gedenken.
Gott wolle Gnad' auf sie herniedersenken,
gnädig ihrer achten Tag und Nacht.
Aber auch immer haben acht

10

auf die kayserliche Majestat,
die viele Gnaden von Gott dem Herrn hat.
Der Allmächtige im Himmelreich
möge diese austeilen zugleich
deren geliebtesten Söhnen und Töchtern allen

15

nach seines göttlichen Willens Gefallen.
Unseres gnädigsten Herrn und seiner Frauen
Glück wolle Er mit Gnaden anschauen.
Die hochlöbliche Regierung,
die Herren Kammerräte, alt und jung,

20

sehn auf das Rechte und haben in Hut
mit vielem Fleiß alles Kammergut.
Doktores von allen Fakultäten,
die all ihre Plätze gar wohl vertreten,
zieren Kanzleien mit ihrer Kraft,

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und dazu noch manche Dienerschaft.
Zwei ansehnliche Bistümer hat das Land:
als Trient und Brixen wohlbekannt;
hochwohlgeborene Grafen, Freiherrn und Herren,
auch Ritter und andern Adel von Ehren;

30

Klöster, Schlösser, Städte, Märkte und Dörfer viel,
die ich jetzt nicht alle aufzählen will.
Auch sind da noch acht Bistümer,
die liegen außen um Tirol herum:
Aquileja, Feltre, Verona und Salzburg,

35

Chur, Freising, Chiemsee und Augsburg
und noch andere Bistümer und Klöster,
wie ungezählte Gotteshäuser,
die vor alters sind eingemischt worden
und im Lande sind begütert worden.

40

Von geistlicher Jurisdiktion in unsern Landen
wird den acht auch manches zugestanden.
Obwohl Innsbruck nur ist eine kleine Stadt,
sie doch einen großen Namen hat.
Sie hat solchen Reichtum,

45

wie anderswo kaum ein Herzogtum,
geziert vom Kleinod „Einigkeit",
das Staatswesen stets zu erhalten bereit;
bei einem Rat und ganzer Gmein,
glaub mir, solche Gnad' ist nicht klein;

50

vom Gehorsam sie nie abweichen
und allzeit der Alten Fußstapfen nachschleichen.
Das „Goldene Dachl" ist wohlbekannt,
sein Ruhm verbreitet ins weite Land.
Spinat und mancherlei Salat

55

man über den ganzen Winter hat.
Ein wohlausstaffiertes Zeughaus,
darin Werkleute, geschickt gar überaus,
ist vom Zeugmeister in Ordnung gehalten wohl
und stets zur Hand, wenn man's gebrauchen soll.

60

Notschlang, Karthaun, Mauerbrecherin,
da gibt's Falcon, Falconet, Singerin,
— alle doppelt und halb — auch Scharffetin;
Kammerbüchsen und Mörser in solcher Zahl,
wie man sie nicht findt überall.

65

Feuerwerk, Doppel- und Halbhacken, Kraut und Lot,
viel Munition, ganz ohne Spott.
alle notwendige Artillerey
ist vorhanden, genug dabei.
Harnisch, Spieß, Wehr und Hellebarden

70

tun da auf alle Vorfälle warten.
Hurtige Büchsenmeister, wohl erfahren,
tun sich da vor dem Feind nicht sparen.
Die Forst-, Bau- und Postmeisterei,
die Fischmeister und die große Jägerei,

75

die haben nicht wenig zu verrichten,
auf dass sie genügen ihren Pflichten.
Den edlen Salzberg hat Gott hergegeben,
wer mag doch sein' Abgang erleben!
Hat noch gutes Salz viele hundert Jahr,

80

vor Augen noch abzubauen fürwahr!
Der Amtleute und Diener sind viel,
die meisten ich aufzählen will.
Obersten Befehl ein Schatzmeister hat,
der Hallschreiber ihm zur Seite steht,

85

alle Schreiberei durch seine Hand geht.
Sie und drei Amtleute halten Rat,
dass sie alle Dinge wohl erspähen
und im Amt nichts werde übersehen.
Das Salz, das zu Fudern wird gemacht,

90

das hat ein Hingeber in Acht,
tut dasselbe versilbern bald.
Dagegen er alle Ausgaben zahlt.
Salzgadner hat in seiner Pflicht,
dass er auf knolliges und gewaschenes Salz sieht.

95

Gibt Polliten und nimmt das Geld ein,
behält es aber nicht lang in seinem Schrein.
Überantwortet es dem Hingeber,
seine Verrechnung ist nicht sehr schwer.
Darnach kommt der Amtsjunker,

100

ist zugegeben dem Hallschreiber.
Der Bauschreiber ist auch im Spiel,
der Hand- und Tagwerker sind viel.
Die tut er fleißig beschreiben all,
dass ihm keiner aus dem Register fall.

105

Sieht darauf, dass sie zu rechter Zeit aufstehn,
ordentlich von und zur Arbeit gehn.
Zwei Torwarte, die haben die Pflicht,
der eine die Polliten versieht
und tut auch die Stoßhäuser auf

110

und legt böse Buben in Kerker zu Hauf.
Der andere bleibt still im Haus,
lässt die Scheibenführer ein und aus.
Pfannhaus-Schaffer sind zwei Mannen,
die regieren alle Pfannen.

115

Die Pfiesel sind gemacht gar weit,
darinnen das unverkaufte Salz leit.
Hinein tragt man die Fuder schwer.
Darüber ist gestellt der dritte Schaffer.
Darin noch gibts einen Aufschaffer

120

und seinen Gesellen, den Aufhelfer,
damit sich niemand tue verletzen.
Dagegen hilft einer niedersetzen.
Das tut der Pfieselsetzer,
ein Fuder kommt nach dem andern her.

125

Der starken Fuderträger sind acht,
die haben Mannesstärke und große Macht,
das gesottene Fudersalz hin und wider
zu tragen mit Stärke, auf und nieder.
Ein Fuder enthält bei drei Zenten,

130

das tut ihnen strecken ihre Lenden.
Das Salz, das zu verkaufen ist,
das fassen zwölf Stösser jeder Frist.
Vier Schürger tragen gar stark,
sie empfinden es wohl in ihrem Mark,

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wenn sie das Fuder wie einen großen Block
tragen vom Asenbaum auf den Stock.
Zu einem jeden Fuder Salz schlecht
ist gemacht ein Kufen gerecht.
Die füllen fest die Bährer ein,

140

die Schürger schöpfen das übrige ein.
Das gesottene Salz wird gezogen daher
in der Pfanne durch die Zuzieher,
wird eingefasst durch acht Helfer.
Vier Bürger sind beigeordnet auch,

145

die schöpfen das Salzwasser aus.
Die Pfannen mit richtigen Sinnen
verwahren sie, dass sie nicht tun rinnen.
Eine jede Pfanne ist weit und schwer
und über acht Tage selten leer.

150

In der Mitte haben sie viel Eisenstangen,
daran die schwere Pfann tut hangen.
Dazwischen siedet sich das Salz gar wohl,
der Kreppler das hervorziehen soll.
Auf der anderen Seite der Pfann',

155

da tut der Schieber fleißig stahn,
schiebt von sich das Salz immer mehr.
So erreichen es die Zuzieher
und tun es aus den Pfannen bringen,
damit sie ihr Geld gewinnen.

160

Zwei Schürer, einer die ganze Nacht,
der andere, sobald der Tag anfacht,
machen Feuer von großen Flammen
unter die Pfannen von Holzstammen.
Schnöller springen um und um zu,

165

die haben die allerwenigste Ruh.
Weiter gehören auch hierher
die Schröcken und andere Salzler,
amtliche Küfer und die Salzmesser,
Schmiedemeister und Salzwäscher

170

und allerlei Schmied' und Jungen.
Amtliche Zimmermeister, Gesellen und Knecht,
sowie Brunnenmeister und Sägemeister gerecht.
Zwei Amtswaldmeister muß man auch haben,
die müssen fleißig den Wald durchtraben.

175

Die haben da ihre Aufgab,
dass man den Wald richtig hegen tat,
was schlagreif ist, ausgeschlagen werde,
das Junge nicht verwüstet werde.
Den Maißen geschähe großer Schaden gewiss,

180

sowie man darinnen mähen ließ.
Darum sind die Waldmeister auch sehr bemüht,
dass alles dieses werd' verhüt,
und junges Holz genugsam nachwachs'
zu des Salz-Siedens Bedarf.
Dazu gehört auch her

185

ein fleißiger Gemein-Waldmeister.
Dann gibt's noch Amtsaufdinger, Zähler,
Klausenmeister, Holzknechte noch mehr,
Triftmeister, Waldhüter, Floßleut',
Klieber, Führer braucht man auch noch heut,

190

Scheitschaffer und Achenmeister gut.
Der Amtsmaurer das Seine tut.
Salzschröcken, Müllner und Zöllner,
Eisenfertiger, Salzverleger,
Scheibenarbeiter und Stocker,

195

Kohlstadler, Kohlmesser und Köhler,
Salzschiffleut, Wagner und Säumer
und noch viel andere Personen mehr.
Auch gehört zu dieser Rotte
des Pfannhauses gemeiner Amtsbote.

200

Außer der Pfiesel und dem Pfannhaus
sind gebaut und gut geputzt heraus
zehn große Salzstadel für den Vorrat.
Ins Fass geschlagen das Salz darinnen staht.
Auf vierzigtausend Gulden Wert ist

205

das Salz geschätzt, das in jedem ist.
Jetzt wird wohl noch einer fragen mehr:
wo kommt denn dieses alles her?
Aus dem edlen Salzberg, das vernimm,
der noch ander' Arbeit hat in ihm.

210

Bergmeister, Schöpfer, Schaffer gut,
samt dem Bergjunker wohlgemut,
ein jeder seine gerechte Entscheidung tut.
Da gibt's Hutleut' und Salzknappen,
die Schöpfer nach den Sulzen schnappen.

215

Auch gibt's noch Steinstreicher und Luftführer,
Pucher und allerlei Säuberer,
Bergschmiede, Feuerleut und Wasserknecht,
Rüster und noch mehrere Arbeiter, nicht schlecht.
Alles Brennholz im Gedinge

220

die Hochwirker vom Berg bringen.
Das Schöpfen lässt sich nie einstellen,
viele arbeiten dran, die es gar nicht wöllen.
Für die heiligen Tag ist gestellt an
sogar ein eigener Kaplan.

225

Der wird genannt überall
der Schöpfer-Pfarrer im Halltal.
Der Salzberg ist abgeteilt recht mit Fleiß
in sechs Berge, die verdienen den Preis:
Kaisersberg, Königsberg, Steinberg,

230

Mitterberg, Oberberg, Wasserberg.
Darinnen bricht lauter Kern gut,
auch allerlei Berg, den man benennen tut:
Edles, Kern, Reisents, Frisch, Taubes erbauen,
durch Gips und Leberstein gehauen,

235

die Schachtrichten sind die edlen Werk.
Das Wasser wird geführt über zwerch.
Da und dort ist es vermacht mit Laden,
dass es dem Kern nicht tue schaden.
Da wird süßes Wasser soviel

240

geführt in die Werker, als man haben will,
bis es den Himmel tut berühr'n,
doch nicht den, an welchem steht das Gestirn.
Da wird das süße Wasser, es ist wahr,
auf der Stelle gesalzen, ganz und gar.

245

Mit der Waage macht man darauf die Proben,
so sie in rechter Höhe schwimmt oben.
Alsdann fängt man zu schöpfen an
und führt das Salzwasser davon.
Eine große Meile Weges durchs Halltal

250


Erklärungen berg- und hüttenmännischer sowie allgemeiner Ausdrücke:

Vers

10: Majestät: Kaiser Ferdinand I.,  1556—1564, zugleich Landesfürst von Tirol (geb. 10. 3. 1501, gest. 25. 7. 1564)

35: Die alten Namen im Landreim lauten: Aglern = Aquileja, Veiters  = Feltre, Bern  =  Verona

43: Innsbruck zählte um 1558 rd. 4000 Einwohner; die Stadt Schwaz zählte damals rd. 20 000 Einwohner, darunter 12 000 Knappen

55 - 56: Neben dem Goldenen Dachl ist es ein Zeichen der Wohlhabenheit und des Reichtums, wenn die Bewohner von Innsbruck damals frisches Gemüse und Salat auch im Winter hatten

61 - 63: Geschütze und Handfeuerwaffen

66 Kraut und Lot: Pulver und Blei

80 Die Lagerstättenvorräte am Haller Salzberg betragen gegenwärtig nochmals für „viele hundert Jahre"

84 Schatzmeister: Kassier

85 Hallschreiber: Leiter der Sudhütte, zusammen mit dem Gegenschreiber und Kassier; der Name bedeutet wörtlich „Salzschreiber"; heute dem „Salinendirektor" entsprechend

90 Fuder: gepresstes Salz, auch Kufe genannt, 135 kg einschließlich Holzgefäß (Kufe), 115 kg netto; verkauft wurde brutto für netto

91 Hingeber:  Salzverschleißer,  Salzversilberer

92 versilbern: verkaufen

94 Salzgadner: Sudhüttenmeister

96 Polliten: Zettel oder schriftliche Anweisung

98 Hingeber: Magazinsverwalter

100 Amts Junker: Zugeteilter oder Assistent des Salzschreibers

108 im Originaltext: Torwartl

109 versieht: durchsieht

110 Stoßhäuser: Gebäude für Kufensalz; Häuser, darin das Salz in Kufen oder Fudern gestoßen wurde

113 Scheibenführer: Salzfuhrleute

114 Pfannhausschaffer: Sudmeister, Aufseher im Sudhaus

116 Pfiesel: Dörrstube, Trockenstube, heizbares Gemach

118 schwere Fuder: noch feuchtes Salz, daher schwer

120 Aufschaffer: Salinenarbeiter, der die Fuder oder Kufen im Pfieselhaus zum Trocknen aufstellt oder hochstellt

121 Aufhelfer: Helfer des Aufschaffers

124 Pfieselsetzer: Salinenarbeiter, der die Fuder im Ptieselhaus niedersetzen hilft

126 Fuderträger: Mann, der die Fuder trägt

130  3 Zentner: rd. 150 kg; in Wirklichkeit wog ein Fuder brutto 135 kg, netto 115 kg

134 Stösser: Salinenarbeiter, die Salzfuder tragen, auch Fuderfasser genannt

135 Schürger: Gehilfe des Fuderfassers; jene Männer, die das Salz vom Pfleselhaus oder Stoßhaus ins Verkaufsmagazin tragen; wörtlich: Schürger  = Schürer, Mann, der das Feuer schürt

138 Asenbaum: Balken oder Pfosten, auf den die Kufen oder Küfel zum Füllen gestellt werden; nicht zu verwechseln mit „Affenbaum"; als „Affenbaum" bezeichnete man damals ein tropfsteinähnliches Salzgebilde, hauptsächlich aus Schwersalzen (Bittersalz, Magnesiumchlorid und Gips) bestehend, das sich als Bodenzapfen unter den zum Abrinnen der Fuder dienenden Bänken (den Asenbäumen) bildete

139 Kufe: hölzerne Salzform zur Erzeugung der Fuder (die Stadt Hall i. Tirol hat ein „Küfel" im Wappen); im übertragenen Sinn: das Salz selbst

140 Bährer: Pörer =  Salzkufenfüller, eigentlich die „Herausheber des Salzes"

143 Zuzieher: Männer, die das auskristallisierte Salz aus der Pfanne mit Krücken heranziehen

145 Bürger: Hilfsarbeiter, Männer aus der Stadt Hall

154 Kreppler: Männer, die das aus der siedenden Sole in der Pfanne auskristallisierende Salz mit Krücken ergreifen und an den Rand der Pfanne ziehen

156 Schieber: Männer, die das auskristallisierte Salz mit Krücken fortschieben

165 Schneller: Hilfsarbeiter (wörtlich: rasch herumspringende Männer); (vergleiche: Hochschnöllen der Fische)

168 Schröcken: Salinenarbeiter, die den „Schröckstein" oder Pfannenstein, heute „Pfannkern" genannt, herausholen und verpacken. — „Schröckstein" ist der alte Name für „Pfannkern". Der Schröckstein entsteht während des Siedens am Pfannenboden, hauptsachlich in den Beulen der eisernen Pfanne; die Käufer schätzten ihn um seiner strahligen und gebänderten Struktur willen, die durch Schmutzkrusten zustande kam. Verwendet wurde der  „Schröckstein" u. a. als Medikament (als Abführmittel), ob seines Bittersalzgehaltes. — Die Hauptmenge des gewonnenen Salzes in Hall i. Tirol war selbstverständlicherweise „Fudersalz", als geringe Menge fielen „Schwersalze" und Nebensalze an: zu ihnen gehörte: „Der Affenbaum", der „Schröcken-stein" und der „Pöt". Wegen „Affenbaum" siehe Anmerkung 138. Unter „Pöt"  verstand man ein ähnlich dem Affenbaum in Tropfsteinform emporwachsendes Salz, das aus dem abtriefenden und überfallenden Salz an den Sockbäumen entstand; diese pfeifenförmigen Salzstangen wurden in der Zeit um 1558 bis nach Ungarn verfrachtet und auf den Puszta-Weiden für das Vieh als Lecksteine aufgestellt
Salzler: Salzarbeiter (Salinenarbeiter, auch „Pfannhauser" genannt)

169 amtliche Küfer und Salzmesser: staatliche Salzwieger (Beamte an der Salzwaage)

180 Maiß: Jungwald, Holzschlag, wieder aufgepflanzter Kahlhieb

188 Amtsaufdinger: Arbeitzuteiler

191 Klieber: Holzspalter

194 Salzschröcken: wie 168

195 Eisenfertiger: Eisenhändler Salzverleger: Salzverschleißer, Salzverkäufer

196 Scheibenarbeiter: Salinenarbeiter, welcher das transportfähige Salz durch Stoßen in die Form einer mehr oder minder dicken Scheibe bringt; diese Salzscheiben dienten als Lecksalz für das Vieh. — Scheibenlührer hießen die Salzfuhrleute,  die dieses Viehsalz verfrachteten
Stocker: Magazinsarbeiter;  Stock  =  Vorratsraum

197 Kohlstadler: Kohlstattherrichter, Kohlstattarbeiter Kohlmesser: Mann, der die Holzkohle wiegt oder misst

198 Säumer: Frachter, Fuhrleute

204 Salzstadel: Magazin, Salzvorratshaus

206 40000 Gulden: Wert von heute mindestens 1,5 Millionen Euro; 10 Salzmagazine würden dann 400 000 Gulden oder mindestens 15 Millionen Euro Salzwert darstellen; diese Angabe ist weitaus übertrieben, genau 5fach. 1964 erzeugte die Saline Hall i. Tirol rd. 9500 t/Jahr Salz im Wert von rd. 1 Millionen Euro. Der Wert einer Jahreserzeugung von Hall im Jahr 1558 ist mit 40 000 Mark (Silbergewicht) rechnerisch gleich heute 1 Millionen Euro, dem Kaufwert nach mit 3 Millionen Euro zu ermitteln (siehe Abschnitt Maße und Gewichte). Die Übertreibung ist daher 5fach.

212 Bergmeister: Oberster Bergbeamter (Betriebsleiter) Schöpfer: Wasserknechte, Salzschöpfer

214 im Originaltext Min = Entscheidung (Min und Schin tun = Arbeit des Markscheiders, des Schiners, Entscheidung und Vermessung tun); hat mit dem Wort „Schiene" nicht den geringsten Zusammenhang

215 Hutmann: Steiger, Aufseher

216 Sulze: Sole, Salzsole

217 Steinstreicher: Häuer im Tauben arbeitend (Gesteinshäuer) Luftführer : Focher = Bergmann, der den Blasbalg bedient zur Wetterführung in einer Strecke

218 Pucher: Häuer, die mit dem Pucher (großen Fäustel oder dicken Hammer) arbeiten, die „Wände" zerschlagen
Säuberer: Bergleute oder Bergjungen zum Reinhalten der Strecken, gegebenenfalls auch zum Ausfördern des Erzkleins aus den Abbauen

219 Wasserknecht: Soleschöpfer, Wasserzieher

220 Rüster: Grubenzimmerleute

221 Gedinge: bergmännische Bezeichnung für Akkord, oder Akkordlohn

222 Hochwirker: Holzknechte, Holzarbeiter zum Bedarf des Betriebes

230 Berge: Stollen (Horizonte); diese 6 Berge waren 1964 noch in Betrieb, dazu zwei weitere:

Salzberg Hall/Tirol Seehöhe Jahr des Anschlages
Wasserberg
1635 m
1275
Oberberg
1608 m
1272
Mitterberg
1574 m
1314
Steinberg
1533 m
1380
Königsberg
1485 m
1492
Kaisersberg
1458 m
1557
Erzherzogsberg
1422 m
1648
Ferdinandsberg
1333 m
1808

233 Kern: Kernsalz, reines Steinsalz

235 Edles: Reichsalz-führendes Haselgebirge Kern: reines Salz,  noch heute Kernsalz genannt
Reisents : minder-reiches Haselgebirge  (wörtlich fallend im Gehalt)
Frisch: frisches Haufwerk
Taub: Taubes, nicht salzhaltiges Gestein

236 Leberstein: Anhydrit und Rauhwacke

237 Schachtricht: Stollen oder Stolleneinbau

238 über Zwerch: quer (durch Querschläge)

239 Laden: Holzpfosten

242 Werk, plural Werker: Schöpfwerk (Sinkwerk noch nicht in Gebrauch)

243 Himmel: obere Begrenzung eines Laugwerks oder Schöpfwerks

247 Waage: Solewaage (Gerät zum Messen  der Solekonzentration mittels des spez. Gewichtes)

249 schöpfen: Schöpfbaue; kein Ablaßwehr noch


weiter zu Teil 2

Quelle: Franz Kirnbauer, Der Tiroler Landreim (1558), Wien 1964.
© digitale Version: www.SAGEN.at