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November
Martin B., Mennas, Bruno, Agnes
Bringt St. Martini Sonnenschein,
tritt ein kalter Winter ein.
Hat Martin einen weißen Bart,
dann wird der Winter weiß und hart.
Wolken am Martinitag,
der Winter unbeständig werden mag.
Herr Martin ist ein Halter Mann
Für den, der nicht bezahlen kann.
St. Martin kommt nach alter Sitten
Gern auf dem Schimmel angeritten.
Ist zu Martini Laub an Bäumen und Reben,
So soll's einen strengen Winter geben.
Sankt Martin
Tut das Feuer in' Kamin.
St. Martin setzt sich schon mit Dank
Zum warmen Ofen auf die Bank.
Ist das Brustbein der Martinsgans weiß,
so wird der Winter streng, ist es braun,
soll es mehr Schnee als Kälte bedeuten, ist
es weiß, mehr Kälte als Schnee.
Legende:
Martin (11. November) hat im Laufe der Zeiten verschiedene Darstellungen erfahren. Am verbreitetsten ist wohl die als Reiter auf einem weißen Pferde, der mit einem Bettler seinen Mantel teilt: auch als Bischof erscheint er mit einer Gans oder (selten) mit einem Pokale oder mit einer strahlenden Hostie über dem Haupte.
Er ist ein Heiliger der Völkerwanderungszeit, ward 336 in Sabaria in Panonien geboren und ging schon früh zu den Soldaten, gründete nach seiner Taufe 370 bei Poitiers ein Kloster und starb 402 als Bischof von Tours.
Schon im 5. Jahrhundert wurde er als Heiliger verehrt und König Chlodwig I. erhob ihn zum Schutzherrn des fränkischen Reiches, und Martins Mantel wurde Feldzeichen des Frankenheeres. Der weiten Ausbreitung seiner Verehrung nahmen sich besonders die Benediktiner an. Das Vordringen der Franken in das deutsche Gebiet förderte seinen Kult auch dort, machte ihn zu einem der volkstümlichsten Heiligen und verhalf ihm zu einer weitreichenden Schutzherrschaft, so über die Soldaten, Hirten und Herden, Jäger, Pilger, Bettler, Tuchmacher, Tiere (Pferde, Hunde. Vögel), über Ortschaften und viele, viele Kirchen und Kapellen: Südtirol allein zählt deren 36!
Der heilige Martin auf seinem Pferd, mit Schwert,
darunter sehr klein der Bettler
beeindruckende romanische (älter?) Reliefplatte, Pfarrkirche St.
Martin, Tschars (Südtirol)
© Wolfgang
Morscher, 18. Mai 2005
Volkskundliche Hintergrundinformationen:
Eingefügt sei, daß der Begriff "Kapelle" auch von St. Martin hergeleitet wird. Schon die Merowingischen Könige verehrten den Martins-Mantel (capa) als Schutz und Hort im Kampfe. Der Aufbewahrungsort dieser Reliquie in Tours hieß danach Capella. Seit dem 7. Jahrhundert wurde dies Wort üblich für eine kleine Kirche, und der sie betreute, wurde capellanus, unser heutiger "Kaplan".
Unter den Wallfahrtskirchen wie in Glaning oberhalb Bozen oder St. Martin in Passeier nimmt St. "Martin am Kofel" ober Latsch einen besonderen Rang ein. Am Martinstage pilgern sieben Gemeinden auf die steile Höhe um Bittgänge für ihre Herden. Schon seit 1529 bestand hier ein Hospiz.
Zu den ältesten Kirchen zählen die zu Göflan, Laas, Mals, St. Martin in Passeier, und es dürften wohl auch die Benediktiner Marienbergs viel zur Verbreitung auch bei uns mitgeholfen haben, abgesehen von den vielen Patronaten, die dem beliebten Martin zugeschrieben werden. Als Schimmelreiter dürften ihn manche als Ersatz für Gott Freyr angenommen haben, umso mehr auch wegen des heidnischen Pferdekultes und der germanischen Erntefeste.
Scherzhafterweise wird Martin zu den langweiligsten Heiligen gezählt, da er auf seinem Schimmel doch erst nach Allerheiligen daherkommt.
Der Martinstag als Ersatz für das germanische Erntefest wurde nicht immer Anlaß zur Freude:
Denn da hieß es zinsen! Nebst anderen Abgaben hieß es auch eine oder mehrere Gänse steuern, an Klöster seit 1171. Die Gans als Korn- und Fruchtbarkeitssinnbild hat bei den alten Erntefesten ihre Rolle gespielt und ist nur mehr eine teilweise Erinnerung an eine große, herbstliche Festzeit.
Es darf kaum verwundern, daß dieser vielfache Patron
in Anbetracht, daß er am Tore zum Winter steht, auch mit der Wettervorhersage
zu tun hat, umsomehr, als man ihm die Macht zumutet, winterliche Geister
heidnischer oder sagenhafter Prägung zu vertreiben.
Sogar die Gans wird in Erinnerung an die wilde Jagd mit Gansgestalten oder Gansgeschnatter zur "Wetterprognose" herangezogen.
Wer aber keinen warmen Ofen hat? Schauen wir den Reiter auf dem Schimmel: er zerteilt seinen Mantel und reicht das Stück dem bittenden, armen, frierenden Bettler. Darum ist Sankt Martin auch Schutzherr der Caritas, der werktätigen Liebe für alle Bedürftigen!
Brauchtum:
So wurde Martin auch Patron des Gänseschmauses! Dabei ging es lustig her, wie Martinslieder seit dem 14. Jahrhundert dartun. Oswald von Wolkenstein rät: "trink Martein Wein und gens iß," und Sebastian Frank berichtet: "Erstlich loben sy Sanct Martin mit guotem Wein, genßen, bis sy voll werden. Unselig ist das hauß, das nit auf daß nacht ein gans zuo eßen hat, da zapffen sy yre neiwen wein an, die sy bißher behalten haben". Es hat aber zu allen Zeiten Junggesellen gegeben und Ehemänner, die die Wirtshäuslichkeit der eigenen vorzogen, drum wurde Martin auch Patron der Gastwirte.
Solchen abseitigen Bräuchen mit ihren Auswüchsen wie auch der einst üblichen "Martinsminne" steuerten schließlich Kirche und Polizei. Wer auch zu anderen Zeiten Hab und Gut verpraßte, hieß einmal ein "Martinsmann".
Nun kann man ruhig und ohne Gewissensbisse in den Weingärten "spigln", nach rückgelassenen oder übersehenen Trauben suchen.
Mancherorts wurde im Etschland zu Martini auch ein "Gansschießen" gehalten, wobei als erstes Best eine wohlgemästete Gans zu erzielen war.
Es galt auch Martini da und dort als "Schlenggltag" wie Lichtmeß und ist ein "Bauernfeiertag". Die Hirten wurden ausbezahlt, und die Saltner der Meraner Gegend, dieweilen es solche gab, gingen zum "Saltneramt" und brachten ein Dankopfer für gute Hut.
Den Martinimarkt in Girlan hört man oft das "Jüngste
Gericht" heißen, weil dort die abgestandenen Kühe und
Pferde, auch Esel aufgetrieben werden, welche dann von den Käufern
bis zum Schlachten aufgefüttert werden.
Quelle: Heilige im Südtiroler Volksleben, Hans Matscher, Brixen 1961, S. 75ff
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