Das Stifterbrünndl von Rott am Inn

In der damals neuen Kirche des Klosters Rott am Inn haben der Graf von Rott und sein früh verstorbener Sohn ihre letzte Ruhestätte. Die Gräfin Uta hat Mann und Sohn lange überlebt. In tiefer Trauer um ihre Liebsten verbrachte sie ihr Witwendasein in der dem Kloster nahegelegenen Burg. Sie stieg täglich hinab, um an den Vigilien teilzunehmen, den am frühen Morgen von den Mönchen mit Gebet und Gesang gehaltenen Gottesdiensten. Der Chronist des Klosters zu Zeiten der Gräfin Uta, der Mönch Pater Daniel Molitor, berichtet, daß die hohe Frau einmal in der Burg etwas länger aufgehalten wurde, als die Kirchenglocken bereits den Beginn des Gottesdienstes ankündigten. Da eilte die Gräfin ans Fenster und rief hinunter: "Wartet, ich werde gleich kommen!" Und voller Ungeduld warf sie einen ihrer Handschuhe hinaus. Dieser wurde dem Abt, der schon am Altar stand, nicht von einem Mitbruder, sondern von einem überirdischen Wesen überbracht, das ihn anwies, noch nicht mit der frommen Zeremonie zu beginnen, sondern die Ankunft der Schloßherrin abzuwarten. An der Stelle, wo der Handschuh zu liegen kam, ist eine Quelle entsprungen, die man dann das "Stifterbrünndl" nannte.

Quelle: Einmayr Max, Inntaler Sagen, Sagen und Geschichten aus dem Inntal zwischen Kaisergebirge und Wasserburg, Oberaudorf 1988, S. 183