KORNMÖN oder ROGGENMUTTER UND ROGGENWOLF

In den wogenden Kornfeldern hält sich die Roggenmauer oder Kornmoen auf, welche alle Kinder, die sich zu weit in das Getreide wagen, fängt und tötet. (Kr. Pyritz.)

Fast noch schlimmer als die Roggenmutter ist der sechsfüßige Roggenwolf. Wenn der Wind durch das Korn geht, glaubt man ihn zu erkennen und spricht: »Dê Wulf is in't Kôrn« (Cammin). Laufen aber die Kinder zwischen Kornblüte und Mahd in die Felder und zertreten das Getreide, so ruft man ihnen zu: »Gåt nich in't Kûern, dår sitt dei Roggenwulf in mit söss Bên, dei frett juch up.« (Grimmen.)

Am deutlichsten zeigt sich die Schädlichkeit des Roggenwolfes in der Erntezeit; denn er ist es, welcher den Schnittern die schweren Zufälle bereitet. Fällt ein Erntearbeiter plötzlich kraftlos um, weil ihn die schwere Arbeit zu stark erhitzte und ihm der Schweiß in's Rückgrat fraß, so lassen ihn die anderen scheu liegen und sprechen: »Dem hat der Roggenwolf aufgehackt.« (Anklam.)


Mündlich.

Quelle: Volkssagen aus Pommern und Rügen, Ulrich Jahn, Berlin 1889, Nr. 42