Huisile verblendet sich in eine Maus

Da ist einmal eine sonderlich stolze Bäuerin gewesen, die ihre größte Freude mit neuen und schönen Gewändern gehabt hat. Sonst aber war sie gegen jedermann geizig, besonders gegen die Armen. Einmal hat sie ein neues Festtagsgewand bekommen. Damit es aber die Leute noch nicht sehen sollten, hängte sie es in den Gewandkasten. Als sie am Sonntag in die Kirche ging, verwandelte sich Huisile flugs in eine Maus und schlich sich in die Kammer. Der Kasten war fest versperrt, und es blieb der kleinen Maus nichts anderes übrig, als ein großes Loch zu beißen, durch das sie in den Kasten hineinschlüpfte. Dort biß sie das neue Gewand der Bäuerin zu Fetzen klein, daß die Fransen herunterhingen.

Als die Bäuerin aus der Kirche zurückkam und den Kasten öffnete, um ihr schönes Gewand zu bewundern, riß sie Augen und Mund auf. Ihr Festtagsgewand war zerrissen und zerbissen. Eine dicke Maus sprang im Kasten herum und wollte hinausschlüpfen. In aller Eile schlug die Bäuerin die Kastentür zu und verstopfte das Loch. Dann sprang sie in die Kuchel, um die große Mauskatze zu holen. Auf diesen Augenblick hat Huisile mit Entsetzen, aber auch mit Schlauheit gewartet. Denn kaum hatte die Bäuerin die Kastentüre aufgerissen, um die Katze hineinzuwerfen, huschte das dicke Mäuslein eiligst in die Stube und unter die Bettstatt hinein, wo es ein offenes Mausloch wußte. Frau und Katze hatten das Nachsehen. Huisile war schneller gewesen.

Quelle: Pfeifer Huisile, Der Tiroler Faust, Hermann Holzmann, Innsbruck 1954, S. 31 - 32.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Bettina Stelzhammer, Februar 2005.