Er fliegt in die Milchkammer

Einmal hatte eine Bäuerin in Trins eben die hülzerne Milchschüssel abgerahmt, als plötzlich eine lästige, dicke Fluige beim Guckfensterchen hereinflog. Diese Fluige hatte es eigentlich auf den süßen Rahm abgesehen, aber die Bäuerin war gerade beim Abrahmen, so daß die Fluige nicht zukommen konnte. So "tratzte" sie die Bäuerin bei der Arbeit und stach ihr ins Gesicht, so daß die Bäuerin "Fluign wöhr'n" mußte.

Dann erwischte sie die lästige Fluige und warf sie flugs auf den Boden. Zweimal stampfte die dicke, unbeholfene Bäuerin auf die arme Fluige, immer aber schlug sie fehl. Schon flog die Fluige zum Fensterchen hinaus…

Damals war Huisile in die größte Gefahr seines Lebens gekommen, wie er immer erzählte.

*

An einem heißen Sommertag flog Huisile wieder in Gestalt einer Fluige in die Milchkammer einer Pfitscher Bäuerin ein. Er trank und trank den süßen Rahm, bis er in seinem Eifer das Gleichgewicht verlor und in die Schüssel fiel. Zu allem Unglück kam gerade die Bäuerin daher und sah voll Schreck und Furcht, daß sich jemand über die Milchschüsseln hergemacht hatte. Der Rahm war wie weggezaubert…

Zornig griff sie mit ihren dicken Fingern nach der Fluige, die obenauf schwamm, und warf sie zu Boden. Da spürte Huisile wieder festen Grund unter sich und flog zufrieden davon.

Beim Kropfbauern in Rizoal aber erlebte Huisile seinen glücklichsten Tag. Auch dort war er in die Milchschüssel gefallen und die Bäuerin oder Magd fischte ihn mit ihren Fingern heraus. Schon wollte sie die "Fluige" zerdrücken, aber dann hat sie fein säuberlich zuvor den Rahm abgeschleckt, worauf die "Fluige" wieder auffliegen konnte. Huisile war gerettet!

Quelle: Pfeifer Huisile, Der Tiroler Faust, Hermann Holzmann, Innsbruck 1954, S. 19 - 20.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Bettina Stelzhammer, Februar 2005.