Der Jager Ander.

A wôhre Gschicht vom Johr 1809.

I kônn mi nou recht guat bsinnen af dös ôlte, runzlige Mandl, dös in die wôrmen Wintertag vor sein kluan säubern Häusl am Ausôong des Dorfs kuckt ist, mit an kluan Pfeifl, und mit kuan Mensch gredt hôt, grôd ôls wia wenns stumm war. A recht a ôrms Hascherl ists gwesn, dürr und môger, wia Zaunspelt, lei seine Augn hôbm an merkwürdign, fôst unhoamlichn Glônz kôbt. Mei Bruader hôt amôl an jungen Lämbergeier gfôchn und hôtn, wenn a mein Muater gwôltig gschumpfn hôt, wegnen Fuater für des unnutze Vichzuig, die Flügl gstuzt und in ar Kettn in der Laba unkengt. I bin a lei nou sou a kluans Gregerle gwesn und dô ist miar ôlm fürkemmen, wenn i den Lämbergeier in die Augn gschaugt hon, as wollt er sôgn, war i nur lei nit unkengt, wollet i mi audn schwingn in die Heach und stolz ôdn schaugn af enk ôrmselige Eardkrobler, und dabei hôbm de Augn sou traurig drein gschaugt, gôr nit zu sôgn. Und sou ist mir ôlm der Blick von Jäger Ander fürkemmen, wia gmischt mit Kuraschi und Herzload.

Der ôlte Jager Ander ist ôber nit ôlm a sou haschet dôkuckt. Vor viele Jôhr wôr er a schianer, kräftiger Bursch, sunnenverbrennt mit broate Schultern und an Gông, wie a Kinig. Hôt oft oaner in Sunntig recht 's Maul augrissn, mit seiner Kuraschi und Krôft geprôhlt hintern Wirthshaus-Tisch, so ist er mäuslstill gwordn, wenn der Ander bei der Thür einerkemmen ist und hôtn ungschaugt von obm bis untn. Kuan Steig wôr ihm zu gfahrli und kuan Berg zu hoach. A môl hôt er keart, daß in Klausn a Rafer sei, den nou kuaner gschmissn hot. Dô hôt er si sei Sunntiggwönd unglegt, a Feder afn Huat augsteckt und ist außi. Wia er wieder huamkemmen ist, hôt er zwoa Federn afn Huat kobt und in Gsicht lei a kluans Kralerle. Dô hôt schun a niader Mensch gwißt, wias ausgôngen ist in Klausn; selber hôt er nia gearn gredt von sötta Sôchn.

Zuber, Carl Jordan


Mei Gschicht fôngt in Kirchsunntig un. A Kirchsunntig, wia inser Dorf nit glei oan kôbt hôt, so long der spitzige Kirchthurn Wôcht kôltn hôt über die Schindldacher. A böhmische Musigbanda hôt ban Ôberwirth die schianstn Tanz augmôcht und die Buabm mit die Gitschn sein kupft und gsprungen, wia die Kitzer. Unter ôlle Dorfbuabm wôr der Jager Ander der sauberste. In die Madler hôts Maul gwassert, wenn er af sie zuagôngen ist und hôt um an Tônz gfrôgt. Wenn er nôr oane hergnummen hôt mit oan Orm und sie kräftig mit an hellen Juchzer in die Heach gschwungen, daß die Fôltnkitl lei sou gflougen sein, sein die Ôndern völli derschnöllt vor Zorn und Neid. In Ander sein die Gitschn ôber ôlle gleichgiltig gwesn, bis af oane, die schiane Bodenmüller Barbl. A Madl ists gwesn mit gscheglte Hôôr, Grüablen in die Wôngen und an Wuchs, wia a Tônnenbam. Nebm der Barbl ist a Stôdthear kuckt und hôt ihr ôlleweil mit wôrmen Wein und Zuggerzuig augwôrtet. Wenn nôr a Baurnbursch hôt mit der Barbl tônzn gwöllt, ist ôlm der hearische Zoch derhinter gwesn und hôt gmuant: die Fräuale "Babi" tônzt nit. Gwurmt hôt des die Buabm gwôltig und wenn sie a gsechn hôbm, daß der Barbl der Stôdtlaggl selber zuwider ist, hôt si dou Kuaner a Wörtl zan sôgn traut, weils allgemoan koaßn hôt, 's sei a Grichtsschreiber. Vorn Gricht hôbm die Bauern ôber an höllischn Respekt. Wenn sie zelm eppes zu thian hôbn, getraudn sie sich af der Stiag schun völli nimmer zan schnaufn und busstn ani liabstn in Grichtsdianer die Händ. Freili môchn die Grichtsdianer moastns a a Gsicht, als wia wenn sie die gônzn Gsetzbüacher mit Essig und Öl gfressn hattn. Fürn Jager Ander ist des Tônznverwehrn a gfundne Sôch gwesn. Kam hôt ihm oaner von die Buabm die Mitthoalung dervun gmôcht, ist er schnüarlgrôd af der Barbl zuagôngen und frôgt sie in ôller Unständigkeit um a Tanzl. Die Barbl hôt schun austian gwöllt, do sôgt der Stôdthear wieder, sie tônzt nit und brummlt nou sou eppes wia Baurnlaggl in Bôrt, Herrgott Alleluja, ist dô der Ander augwesn. "Wôs, hôt er gsôgt, von Baurnlaggl redst, du Tingntegl. Schau, de bäurische Luft kannt diar oft nit guat thian, und mit de Wort nimmt er 'n ban gstörktn Pfoatnkrôgen, môcht die Thür au und setztn schian ins Bluderschôff inni, dös grôd draußn gstôndn ist. Drauf hôt er zan tônzn unkebt mit der Barbl, die gônze Nôcht, und gwesn ist er, wia a Lambl, so fein. Die Weibezer hôbm die Kopf zommgsteckt und ôllgemuan hots koaßn, daß die Barbl und der Ander a Paarl sein, wia mas suachn muaß. Und zompaßt hôbm sie. Wenn der Ander wild gwesn ist und trutzig, hôtn die Barbl lei a Fezzele die Hônd gedruckt und mit ihren groaßn sônftn Augn so recht liab ungschaugt und sein Zoarn wôr wia weckgeblosn. Die Barbl hôtn gearn kôbt, so recht von Herzn, wenn er a a wilder, a kecker Bua gwesn ist, und vielleicht grôd wegnen selm. Von den Kirchtig un wôr der Ander wia verwôndelt, fleißig ba der Orbat, kurz der ordentlichste Bua im Dorf. —

Die schian, friedln Zeitn sein vergôngen, sein verschwunden, wia die Bluamen af die Wiesn. Es sein stürmische Tag einergebrochn über inser ôrmes Tiroler Landl. Fremde Gewôlt hôt kerscht und die Liab zu Koaser und Lônd ist niedergedruckt wordn mit ôller Môcht und ôlle Mittl. Dô hots kuan Huangert gebm in der gmüatlichn wôrmen Stubm, denn selm sein die Büxn und Patruntaschn von die fremden Saldôtn kôngen, und de Mander hôbm a Sprôch gredt, daß Gott derbôrm, dô war die Walsch lei nicht gwesn dergegn. Und derzua de Sorg und Ongst. Der Sôndwirth - Anderl ist auszôchn mit olle Mander vom gônzn Landl und in mônchn haoßn Gfecht hôbm sies zoagt, in de Franzosn, wôs es hoaßt, an Tiroler sein Vôterlônd unterdruckn und seini Trui für Koaser und Östreich ungreifn. Freili ist so môncher Bua, der in Kirchtig nou lusti tônzt hôt, so môncher Mann, der für sein Famil fleißig gschofft hôt in Feld und Wôld, iatz draußen glegn, ingschôrrt vielleicht hinter an Zaun oder an Knôtt, una an christlichn Zoachn, una an Zoachn der Liab. Oaner unter die Erstn die auszouchn sein, wôr der Jager Ander. In ôller Früa ist er ômarschiart mit epper nou a zwoanzig Mander von Dorf und die Barbl hôtn 's Gleit gebm bis zur Lôndstrôß, wo a Bildstöckl ban Weg steat. Zelm ziacht sie an gweichn Oansiedl-Pfennig fürar, hengt'n in Ander umer und druckt'n stumm die Hônd, sie hat jô vor Weh kuan Wort sôgn kennt. Der Ander ôber hat sie nou amôl ôns Herz druckt und hot gsôgt: "Barbl, wenn miar wieder östreichisch sein, ist Hoachzet." Drauf draht er si um und ist ômarschiart mit der Mônnschôft, 's Herz schwar wia a Stuan, a Kuraschi ober und Schneid wia a Odler. Die Barbl ist hingekniet vor'n Bildstöckl und hot gebetet zur schmerzhôftn Muater, sie soll inser Lônd in Schutz nehmen und ôlle, des vertheidign, bsunders ober ihrn Ander.

Wochn sein vergôngen, Wochn voll Ôngst und Sorgn. In inserm Dorf hôt ma nicht mear keart von der Kumpanie, de glei unterm Kommando vom Jager Ander zur Pseirer Othoaling gstoaßn ist, denn es wôr in der Gmoan a Zug Franzosn inquatiart und dô ist kuan Nachricht zuarkemmm. Der Offiziar hôt in Gmuanvorsteher und die Ausschußmander zômmgriaft und hôt ihnen a tamische Predig kôltn, sie solln si epper nit unterstian, zu die Brigantn zu helfn, oder gor Spinnen zu môchn, sunst weards Dorf zommbrennt und plündert. Der Offiziar hôt si nôr ban Bodnmüller inquatiart, weil der sell obni au a nouble Hearnstubm kôbt hôt und de Saldôtn sein Tôg und Nôcht patroliarn gongen, bsunders gögnen Küachlberg zu und gögn Riffian. Im Dorf wôrs sunst still und ruhig, denn die Franzosn hôbn kuan Mensch eppes untri gmôcht, höchstens, daß sie die Weibezer a fezzele gearn gsechn hattn, ober sell hatt si a niads Madl gschambt, mit an Franzos zu rödn, der af insre Mander und Buabm schiaßt, wenn sie a de kuriose Sprôch verstôndn hattn.

So werdn epper a viarzechn Tôg vergôngn sein, dô hôt man afn Segnbüchl z'erst a nettlene, nôr ôlleweil mear Schuß krôchn keart. Die Saldôtn in Dorf sein wia närrisch um ihre Büxn und Patruntaschn grennt, der Offiziar hôt sein Zug augstellt, schärft in Gmuanvorsteher nou amôl seine Instruktiun in und marschiart ban Dorf außi. 'S wôr a hoaßer Tôg, die Leut hôbm mit Ôngst und Sorg 's Gfecht verfolgt. Mônches Stoaßgebet ist zan Himml gschickt wordn, denn af'n Küachlberg hôbm die Pseirer mit die Franzosn gfochtn und ba der Pseirer Othoaling wôrn die Mander von Dorf. Den Wunsch hôt ober an niader Mensch in Dorf kobt, wenn nur de saggera Franzosn recht tamisch Schlög kriagetn.

Der Obend ist lôngsôm einerbrochn. Die Schôttn sein weiter und heacher aufi krôchn ausm Thôl über die Berg und die Walder hôbm fôst a dunkelblowe Färbung ôngnummen, dô ist die Bodnmüller Barbl ba ihrn Kômmerfenster gstôndn und hôt übri gschaugt af'n Küachlberg, wo die Wôcht- und Lôgerfuier von die Lôndsturmer brennt hôbm. Oanzelne Liachtler hôt man gsechn, dö sein ummer gwondert zwischn die Knottn und Weingartn. Vielleicht sein dös Leut, de die ôrmen Verwundetn zommsuachn, Fruind und Feind, oder an Sterbetn an Troast bringen wölln. Mit traurign Herzn hôt sie die Liachtler betrôchtet und hôt denkt, wia schian es sein kannt, wenn der Kriag nit ausbrochn war, und dabei sein ihr die Zacher, die sôlzign, bittern Zacher über die Wôngen tropft.

Af oanmöl, sie hôt ebm an ihrn Ander denkt, ists ihr, ôls dringet 's gônze Bluat zan Herzn. Wôs ist denn dös für a Stimm, in Gottsnômm a sou a bebekônnte Stimm? Ober es kônn jô nit möglich sein. Untn vorn Haus werd a Gstôlt sichtbôr, 's ist a Baurnbursch, so viel kônn sie erkennen. Flink schwingt er si afn Bataun vorn Fenster, stellt vorsichtig an kurzn Stutzn in die Kômmer, schwingt si gônz aufer und mitn Ruaf: "Ander, mein liaber, miein guater Ander!" liegt die Barbl ihrn Schôtz am Herzn.

Der Ander wôr richtig dabei ban ersten Ungriff, den die Pseirer af die Franzosn gmôcht hôbm. Wia's dunkl gwordn ist, hôt er in Auftrôg kriagt, gegn Grôtsch und Lagund zu patruliarn, damit die Franzosn epper nit über Nôcht a Umgehung durch die Schlucht ban Tiroler Gschloß môchn. Er hôt sie nimmer hôltn kennen, sein Schôtz wenigstens af a pôôr Minutn zu sechn. Seine Mônnschôft wôrn lauter schneidige Buabm, de hobm derweil augepaßt und er, mei, hôt er nit schun oft sei Lebm gwôgt um a ôrmselige Gams oder an Buschn Edlweiß, worum soll ers nit in die Schônz schlôgn für sein Schôtz, der wilde, unbändige Bua.

Und so sein sie holt banônder gsessn voll Glück und Liab, uhne Ohnung, wös für a Gfôhr droht. Die französische Othoaling, de in Dorf stôtioniart gwesn ist, hôt si, verstärkt mit nuiar Mônnschôft, wieder noch ihrn ôltn Stôndquatiar begebm, um die Umgehung, de der Ander mit seiner Mônnschôft ebm zu verhindern die Aufgob kôbt hôt, vorzunehmen, weil dös nur 's oanzige Mittl gwesn war, die Baurn aus ihrer stôrkn Stellung zu verdrängen. Die Othoaling stoaßt glei ban Eingông von Dorf af an Thoal von Ander seiner Mônnschôft, de si still und versteckt zum Bodnmüller Haus zuruggziachn, um ihrn Kommandanten af die Gfôhr aufmerksôm zu môchn. Dô will 's Unglück, daß die Franzosn die Lôndsturmer dersechn, grôd wia sie ins Haus schlüpfn wölln und iatz geat der Teuxl un. Die Franzosn stürmen ins Haus und der Ander, durch den Lärm von sein stilln Glück aufgschreckt, greift noch seiner Büx, môcht die Kômmerthür auf, in selm Augenblick krôcht a Schuß — und die Barbl, de nebm ihrn Schôtz steat, sinkt in die Brust getroffn nieder. Die Lôndsturmer, de in Dorf umer verthoalt wôrn, sein durch den Schuß aufmerksôm gmôcht, ihrn Kumarôdn zu Hülf kemmen und drängen die Franzosn in kurzer Zeit bis zur Etsch zurugg.

A herzbrechendes Bild wôr inzwischn ban Bodnmüller. Der stôrke rüstige Ander ist nebm seiner Braut zommgsunkn, ohne an Wort, ohne an Laut. Lei bloach ist er gwesn und mit die Zänn hôt er geklappert, wia in Fiaber. Die Leut von Haus sein ummergstôndn und hôbm laut gjammert. Noch lônger Zeit môcht die Barbl nou amol die Augn auf, gibt in Ander die Hônd und sôgt mit schwôcher Stimm: "Ander, sei nit traurig, insre Hoachzet ist jô nit aufkobm, sie ist jô lei aufgschobm fürn Himml." Drauf hôt sie in Ander recht liab und herzli ungschaugt, lôßt 's Köpfl sinkn und ihre reine Seal ist aufigflogn in Himml, um die Hoachzet herzurichtn für ihrn Ander; und wia sie sou dôglegn ist, mit an sônftn Lachlen, hôt sie ausgschaugt, ôls schlafet sie mit an recht an freundlen Tram, mit an Tram von Glück und Liab. —

Der Ander ober ist aufgstôndn, hot von sein Huat an Edlweißbuschn gnummen und legtn seiner Braut aufs Herz. Ueber seine braunen Wôngen sein die Zacher gflossn und seine Lippn hôbm gezittert vor Weh und Schmerz. Gsôgt ober hôt er kuan Wort. Sein Büx hôt er gnummen und ist gôngen, mit stolz erhobnen Kopf in die Nôcht außi. Am Tôg drauf, wia sie die schiane Barbl hinaustrôgn hôbm in oller Still, just zur selm Zeit ist der Ander mitten drein gwesn in Gfecht und sein Kolm hôt niedergekrôcht af de Franzosnschädl, ober dös, wôs er kofft hôt, a Kugl, die ihn zur Hoachzet riaft mit sein Schôtz, ist nit kemmen, weder an selm Tôg, noch in spatere Gfecht.

'S ist lông schun wieder Friedn gwesn im Lônd. Die Felder sein wieder bestellt wordn, die Weiber hôbm ban Dorfbrunnen wieder ihre Huangart kôltn, und in Kirchtig sein die Buabm wieder kupft und gsprungn, wia die Kitzer, mit die Madlen ban Oberwirth. Der Ander ist ôlleweil finstrer und verschlossner gwordn. Am liabstn ist er vor sein Hüttl kuckt und hot afn Freidhof ôni gschaugt, wo sein Barbl schlôft. U môl ist er nou spat dôgsessen und hôt gôr sein Festiggwônd unkôbt mit an Buschn afn Huat, und wia 's Nôcht gwordn ist, sein die Nôchbôrn hingôngn und hobmen gwöllt ins Haus füarn, denn es wôr, bsunders für sou a ôlts Hörerle, schun wolta kôlt. Er hôts ober nimmer braucht, denn er ist ogroast gwesen zur Hoachzet mit seiner Barbl.

Quelle: Der Burggräfler, Bilder aus dem Volksleben, Karl Wolf, Innsbruck 1890, S. 83ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Leni Wallner, Februar 2006.
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