Vorwort

Ob ich nun in die behagliche Stube eines unserer Meraner Bauern trete, oder oben hoch im Gebirge die rauchgeschwärzte Thür einer Hütte öffne, ob ich unten auf der Passer-Granz mich zu den Karrnern geselle, oder mich niederlasse am Feuer der Holztrifter, überall finde ich meine Bekannten, an allen Orten höre ich den Willkomm: "Grüaß Gott, Wolfn Kôrl!"

Da finde ich meine Kameraden aus der Landesschützenzeit und wir besprechen heitere oder ernste Erlebnisse, dort ist es ein Feuerwehrmann, dem ich auf der Brandstätte die Hand gedrückt oder bei festlicher Gelegenheit. Mit dem Passeirer Trifter habe ich vielleicht als Kind in der Sommerfrische gespielt und mit den Karrnern in einem Buschen [Buschenschank] manchen Tropfen Wein getrunken.

Es war mir von jeher ein Vergnügen auf den Märkten herumzustreifen, die Leute in ihren Hütten aufzusuchen und manchen Sonntag Nachmittag habe ich auf einer ländlichen Kegelbahn versessen und manche Nacht in Tanzlokalen, wo es gerade nicht nach Veilchen und Rosen duftete.

So habe ich das Volksleben kennen gelernt und so sind meine Skizzen und Aufsätze entstanden. Wenn mir meine kleinen Arbeiten von mancher Seite Anerkennung brachten, fand ich doch nie eine so große Befriedigung in derselben, wie wenn mir oft ein Holzknecht zurief: "Sell hôst nôr schun verteufelt einigeben, in der Zeitung! Sein thuast schun a saggera Schwônz!"

Oder oft eine Dorfschöne: "Wer ist denn die Ratsch-Katl, de sie in der Zeitung eini druckt hôbn? I moan i mueß sie kennen."

Das war mir ein Beweis, daß auch die Bauern, die Landleute meine Arbeiten gerne lesen.

Indem ich die erste kleine Sammlung in die Welt schicke, wünsche ich, daß die geehrten Leser unsere Tiroler Landleute so lieb gewinnen, wie ich, dann werde ich vielleicht noch manche Geschichte aus den Tiroler Bergen erzählen.

Meran im Oktober 1889.

Quelle: Der Burggräfler, Bilder aus dem Volksleben, Karl Wolf, Innsbruck 1890, S. III - IV
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Leni Wallner, Januar 2006.
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