Anna Hofer über die Flucht vom Sandhof
Anna Hofer schildert bei der Einvernahme vor dem Landrichter Alois Schiestl in St. Leonhard in Passeier am 7. Februar 1820 ihre und ihres Mannes Flucht vom Sandhof
Gegen Ende Oktober 1809 kam bekanntlich mein Mann von Innsbruck über Sterzing und über den Jaufen zurück nach Hause und brachte mehrere Kisten, Packe und allerhand Sachen mit, ohne dass ich sagen könnte, was in den Kisten und Packen enthalten war und wem das Enthaltene gehört habe. In einer dieser Kisten oder in einem dieser Packe befand sich auch die goldene Ehrenmedaille meines Mannes mit den Dukaten, ich bekam aber weder die erstere noch die letzteren zu Gesicht. Als gegen Mitte oder Ende November die Franzosen über den Jaufen nach Passeier anrückten, glaubten wir uns im Sand nicht mehr recht sicher und flüchteten uns eine Stunde weit gegen Meran zu am sogenannten Keller. Vorher aber hieß mich mein Mann, unsere besten Sachen und unser Hausgeld einzupacken und in Sicherheit zu bringen. Ich nahm die besten Zinnteller, einige silberne Löffel und unsere Geldbarschaft, tat sie in einen Sack, den sohin mein Mann in den Keller hinab nahm, sein Festgewand, die wichtigsten Papiere und die Medaille mit den dabei befindlichen Dukaten ebenfalls hineintat und den Sack, ich weiß nicht durch wen, zum Seewirt nach Rabenstein abschickte. Ich sah den Sack selbst nicht abschicken und erfuhr, dass die Medaille mit den Dukaten auch hineingepackt worden sei, von meinem Manne auch erst, als wir mitsammen gefangen in Bozen waren, wo er mir dieses mit dem Beisatze eröffnete, ich könne diese Dukaten für mich und meine Kinder mit Recht behalten. Zeuge von dem Verpacken des Geldes in den Sack war meines Wissens nur der im verwichenen Herbst verstorbene Hausknecht Sebastian Bammer, dem mein Mann überhaupt alles anvertraute. Vom Keller kehrten wir bald wieder nach dem Sand zurück auf die Nachricht, dass die angerückten Franzosen gefangen worden seien und dass unsere Leute mit ihnen so übel verfahren wollen. Wir hatten 21 gefangene Offiziere im Hause, mit deren Bewirtung ich beschäftigt war. Es dauerte aber nicht lange, so verbreitete sich die Nachricht, dass neuerdings Franzosen über den Jaufen im Anzuge seien, und wir mussten uns deswegen auch bald wieder fluchten, und zwar wieder im Keller [Kellerlahn]. Mein Mann hielt sich von dortan immer in den Prantacher-Mähdern auf, von Andrei bis zum Dreikönigstag war ich mit der Tochter Maria und dem Sohne Johann in Pfelders zu Stuls, zu Saltaus, auf der Schönnaer Alpen und dann bei meinem Mann bis zur Gefangennehmung.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
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