Johann Perktold


von Rudolf Granichstaedten-Czerva

Eine in der gesamten Literatur über das Jahr Neun (Hirn, Egger, Voltelini, Peternader, Schmölzer usw.) nirgends erwähnte Persönlichkeit — nur Rapp, Seite 227, erwähnt einmal seinen Namen in irriger Schreibweise — war der Priester Johann Michael Perktold. Er war am 29. September 1781 in Pfunds geboren, besuchte die Lateinschule (1789 — 1794), kam dann an das Franziskanergymnasium in Hall, wo er fünf Jahre (1795 — 1800) studierte, den letzten Kurs aber nicht mehr mitmachte, da er 1800 mit 24 anderen Studenten freiwillig zum Militär ging.

Nach dem Frieden von Campoformio (17. Oktober 1797) rückten die Franzosen nach Tirol, weshalb der Landsturm zur Verteidigung des Landes aufgeboten wurde. Es kam (1800) zu den Kämpfen bei Reuti (Dorf bei Ulm) und Wertach (am gleichnamigen Flusse) an den bayerisch-tirolischen Grenzen, an denen Perktold teilnahm, sich auszeichnete und belobt wurde. Nach dem Frieden von Luneville (9. Februar 1801) setzte Perktold seine Studien in Brixen fort, wo er am 30. Juni 1805 zum Priester geweiht wurde. Er erhielt in Wenns eine „Gehilfspriester"-Stelle, die er vom 14. Jänner 1807 bis 23. April 1809 bekleidete.

Der Aufruf Andreas Hofers (8. April 1809) rief auch den abeteuerlustigen Perktold wieder zu den Waffen, vier Tage später rückte er schon mit seinen Wennsern in Innsbruck ein und beteiligte sich an den ersten Befreiungskämpfen auf den Wiltener Feldern. Ende April 1809 ernannte ihn das Landgericht Imst zum Feldkaplan über drei Schützenkompagnien.

Der Militärkommandant der am 12. April in Besitz genommenen Stadt Innsbruck, Marquis von Chasteler, traf nun Anstalten, die Nordtiroler Grenze gegen den Feind zu schützen und sandte zu diesem Behufe den Rittmeister Franz Freiherrn v. Esch, der am 14. April als erster österreichischer Offizier in Innsbruck eingeritten war, über Reutte gegen Immenstadt (Bayern) und gab dem Major Martin Rochus Freiherrn von Teimer den Befehl, mit sechs Kompagnien Tiroler Schützen Streifzüge gegen Memmingen zu machen. Perktold beteiligte sich an diesen kühnen Handstreichen und Ausfällen ins Nachbarland — was ihm zum Verhängnis wurde.

Wohin nun Teimer kam, in Schongau, Oberdorf, Kaufbeuern, Kempten usw., entwaffnete er die Bürgermiliz, requirierte Gold, Waffen, Vieh, Getreide, Salz und ließ, was er nicht wegschleppen konnte, an Ort und Stelle öffentlich versteigern. In Kempten (18. Mai) wurde der königliche Polizeikommissär Erb als Geisel ausgehoben und nach Innsbruck gebracht.

Am 11. Mai 1809 kam Teimer mit Perktold nach Memmingen (ehemalige Reichsstadt im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben). Da dort die Beute sehr groß war, hielten sich die Tiroler länger auf und bemerkten gar nicht den Anmarsch größerer französischer Truppenmassen. Teimer konnte sich gerade noch in seiner Kalesche durch die Flucht retten, Perktold aber wurde gefangen genommen (13. Mai).

Nach Augsburg geschleppt, hielt man dort über ihn das Kriegsgericht und verurteilte ihn wegen Rebellion zum Tode durch den Strang.

Schon sollte die Exekution an dem jungen Priester vollzogen werden, als plötzlich, in letzter Stunde, der Befehl zur Sistierung kam. Teimer hatte von dem Schicksal seines treuen Waffengefährten, der ihn selbst auch einmal (11. April) aus drohender Gefangenschaft befreit hatte, erfahren und ließ sofort, der bayerischen Regierung melden, dass er auch die als Geiseln mitgenommenen Bayern, den Polizeikommissär Erb, zwei Landrichter und einen Rentmeister erschießen lassen werde, wenn dem Perktold ein Leid geschehe. Da auch die Familien dieser Geiseln, ferner der Vater des Priesters und der bayerische Hauptmann Jehle, der in Pfunds gefangen genommen, aber vom dortigen Kaufmann Alois Rietzler gut behandelt wurde, um Aufschub der Exekution baten, wurde diese sistiert, den Bitten Folge gegeben und Perktold vom König zu lebenslänglicher Festungshaft begnadigt.

Nach Kriegsende wurde Perktold der Amnestie (25. Oktober 1809) teilhaftig, pardoniert und nach Salzburg transportiert, von wo er nach Österreich entfloh. Im Jahre 1811 finden wir ihn in Wien, wo er eine Stellung als Priester suchte, die ihm auch (September 1811) in Wiener-Neudorf (bei Mödling-Wien) verliehen wurde. Dort war er jedoch nur ganz kurz tätig und kam schon im Dezember 1811 als Kooperator an die Pfarre Liechtental (heute Wien, 9. Bezirk, Marktgasse, „Zu den heiligen Nothelfern"), wo er fünf Jahre, bis März 1816, wirkte. Er legte inzwischen die Pfarrprüfung ab und wurde 1816 als Pfarrer wieder nach Wiener-Neudorf versetzt, wo er bis 1841 die Seelsorge leitete. Am 21. Mai 1843 starb er in Wiener-Neudorf und wurde dort auf dem (1890 aufgelassenen) alten Friedhofe zur letzten Ruhe bestattet.

Das Gedenkbuch der Pfarre Wiener-Neudorf, zu deren Pfarrbezirk später auch die große Weiberstrafanstalt gehörte, diente als Quelle für diese biographischen Daten Perktolds, der, wenn er nicht schon vor den großen Berg-Isel-Schlachten gefangen genommen worden wäre, gewiss noch eine bedeutende Rolle in den Befreiungskämpfen des Jahres Neun gespielt hätte.



Quelle: Granichstaedten-Czerva Rudolf, Andreas Hofers alte Garde, Innsbruck 1932, S. 353 - 355.

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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