294 - Kapitulation bei Sterzing
Hormayr nicht ausdrücklich den Deputierten auferlegt war, das hatten sich Hofer und Teimer bereits als Ziel gesetzt: Gefangennahme der feindlichen Heereskräfte, ohne auf die Vereinigung mit den Österreichern zu warten. Diesen selbständig gefassten Plan zeichnet ein Befehl Hofers vom 9. April: „Die Österreicher haben die Grenzen wirklich betreten, ich habe darüber sichere Nachricht. Das Volk ist aufzurufen, dass es sich bis morgen drei Uhr einfindet, denn man hat die Absicht, die bayrischen Soldaten in Sterzing gefangen zu nehmen und sich den Österreichern, welche durch Pustertal kommen, anzuschließen." 1)
Die Bayern, von denen dieses Mandat des Sandwirts spricht, waren zwei Kompagnien unter Major Speicher, welche Wreden nebst einem Geschütz so, wie Wellers Kompagnie nach Bruneck, nach Sterzing gelegt hatte. Hofers Ruf fand bei den Passeirern bereitwilliges Gehör. Eine Menge Volkes fand sich ein, nur die Hälfte bestimmte der Sandwirt zum Mitgehen. 2) Am Nachmittag des 10. April ging es über den Jaufen; am Fuße des Passes, in Gasteig, nächtigte die Schar. Noch am Abend drang das Gerücht bis in das nahe Sterzing, das zehnfach übertreibend von 5000 anrückenden Passeirern redete. Weniger Eingeweihte meinten, die Bauern kämen, um die nahenden Österreicher zu begrüßen. Der Landrichter Regulati aber beredete zwei Kapuziner, dass sie noch in der Dämmerstunde die Männer in Gasteig aufsuchten, um sie zu ruhiger Heimkehr zu bewegen. Was solche Mahnung gefruchtet, bewies das noch in der Nacht aus allen Dörfern der Umgebung ertönende Sturmgeläute. 3) Beim Morgengrauen näherten sich die Bauern, von denen nur ein Teil mit Gewehren versehen war, andere bloß große Knittel führten, der Stadt und schickten sich an, am oberen Teil durch die Valsergasse einzubrechen. Von der alarmierten Besatzung wurde ein Teil am Nordausgang gegen den Vallerbach postiert; er suchte durch wiederholtes Pelotonfeuer die Eindringlinge fern zu halten, wich aber bald gegen das Stadtzentrum, den Zwölferturm, zurück. Hier, auf dem kleinen Stadtplatz, stand nun Speicher mit seinen 400 Mann. Die Räumung des nördlichen
1) Befehl an den Feldpater Jakob Hofer in Stuls, unterschrieben: „Andrä Hofer als ernannter Kommandant." J. M. — In dieser Eigenschaft nahm Hofer bereits Ernennungen vor. Johann Hofer erzählt von sich, er sei am 10. April „als Schützenhauptmann vom Oberkommandanten Andreas Hofer laut Zuschrift erwählt" worden.
2) Über diesen Zug handelt eine von Jordan fixierte Aussage des Postboten Josef Wieser von St. Leonhard 1838 (A. A.): Hofer befahl, wir sollten ruhig hinaufziehen und niemanden passieren lassen, er streite wegen des christlichen Glaubens. Beim Weg auf den Jaufen trafen wir einen Geistlichen, welcher uns fragte, wohin der Marsch gehe. Wir sagten, dass wir auszögen, Spielwild zu schießen.
3) Als Augenzeugen berichten Ignaz Hochrainer von Sterzing a. a. O., der passeirische Gerichtskassier Johann Hofer in „Meine Taggeschichten des Jahres 1809" (H. M.), Josef Steiner von Matrei (ein mit demselben aufgenommenes Protokoll, Schützenzeitung, 1860, p. 309 ff.)
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.