300 - Unruhen bei Innsbruck am 11. April
Menge Volk, welche Beratung hielt, ob sie vorwärts stürmen oder bis zum Morgen warten sollten."
Von einem nächtlichen Sturm konnte nun ernstlich nicht wohl die Rede sein. Aber es sammelte sich in den Wäldern um die Gallwiese immer mehr Volk, von dem manch kecker Geselle auch einen Streifgang durch die Felder am Inn wagte. So erspähten einige einen in der Nähe des Pulverturms stehenden bayrischen Wachtposten: mit einem wohlgezielten Schuss ward er niedergestreckt. Man hörte den Knall bis in die Stadt, er alarmierte die Garnison. Noch ein zweites unheimliches Zeichen drang ans Ohr der Bayern. Zu ungewohnt früher Morgenstunde läutete es in vielen Dörfern zur Messe. So hatten es die Bauern von ihren Priestern verlangt. Sie wollten noch, bevor es losginge, sich zum Gebet im Gotteshause sammeln. Die Messe wurde gehört, die Generalabsolution empfangen, dann las einer das österreichische Proklam vor, und der Zug setzte sich in Bewegung. Man wolle sich, hörte man sie sagen, vom Militär und den vielen Steuern befreien. Einzelnen entfuhr wohl auch das Wort von einer „Baita". 1) Der Großteil erhoffte siegreichen Kampf und bessere Zukunft unter Österreichs Szepter. Einem fuhr aber auch der Gedanke durch den Kopf: „Der Kelch ist nun eingeschenkt; wer ihn austrinkt, das weiß Gott." 2)
In den regierenden Kreisen Innsbrucks war am Morgen des 11. April noch immer der Glaube vorherrschend, man habe es mit den unbotmäßigen Leuten von Axams zu tun. 3) Dem entsprachen auch die militärischen Anordnungen. Ditfurth hatte mit vier Kompagnien gegen das südwestliche Mittelgebirge vorzugehen, zwei andere Kompagnien sollten dasselbe Umgehungsmanöver auf der Zirler Straße wie im März ausführen. Oberst Ditfurth aber, kaum ausgerückt, wurde alsbald belehrt, dass die ganze Waldlinie, vom Berg Isel angefangen, mit Haufen bäuerlicher Kämpfer besetzt sei. Das nötigte zur Zersplitterung seiner Streitkräfte. An verschiedenen Punkten, wo ein Weg aufwärts zum Mittelgebirge führte, bei der Gallwiese, am Husslhofe, beim Hohlweg ober Wilten, gingen die Soldaten angriffsweise vor, überall sahen sie sich von überlegenen Massen empfangen und bei jedem Versuch verlustreich in das
1) Stettner a. a. O.
2) L. Rangger, p. 39.
3) So notiert auch Dipauli: „Als ich morgens am 11. April von einem Kampf der Bauern mit den Soldaten hörte, meinte ich, es seien wieder nur die Axamser, weiche die ihnen auferlegten Steuern nicht zahlen wollten." — Finanzdirektor Senger schreibt in seinem Bericht vom 26. Mai 1809 (J. St.): „Am 11. morgens hieß es, es seien unter den Bauern teils wegen der Aushebung, teils wegen der vom Militär mit Gewalt betriebenen Exekutionsgelder Unruhen ausgebrochen, die man leicht zu dämpfen meinte, weil man sie nur als Handlung einer berauschten Bauernhorde betrachtete. Wir hielten an diesem Tag noch ungestört unsere Ratssitzung."
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.