333 - Ausschreitungen
zu werden. Wie lang der noch seines Amtes wird gewaltet haben? 1) Mit dem Einzuge der Bauern nach der Wiltener Kapitulation wiederholten sich in der Stadt die bedrohlichen und gewaltsamen Szenen des vorhergegangenen Tages. Dipauli und Peer schützten ihre Häuser durch Wachen gutgesinnter Männer. Die Kapuziner und die Pfarrgeistlichkeit taten redlich das Ihrige zum Schutz des Eigentums. 2) Aber die Menge war zu groß und zu gemischt, um alle Exzesse zu verhüten. Kostgänger bekam natürlich an diesem Tage wieder jedes Haus. Geplündert wurde diesmal bei den Stiftungsadministratoren Preu und Hofstetten, beim Postdirektor Freiherrn v. Brück und dem Postkassier Gollner. Auch der Bürgermeister und der Ratsherr Carnelli bekamen lärmenden und schadenbringenden Besuch. In wahre Todesängsten versetzt sah sich heute Finanzdirektor Senger. Teimer gedachte der bisher noch unberührten Kreisamtskasse. Ihrer Übergabe wegen holte er mit fünfzig Mann den Direktor aus seiner Wohnung. Beim Zug über die Straße schwoll der Haufe auf Hunderte an, die alle den Beamten wie einen Übeltäter mit gespanntem Hahn begleiteten. So ging es über die Innbrücke zum Neugebäude. Eine Ordre, die Senger verlangte, konnte Teimer nicht vorweisen. Den Einwand, dass einem Bauernführer die Kasse nicht ausgeliefert werden könne, schlug Teimer mit den Worten ab, jeder Bauer sei ein Soldat des Kaisers. Nun erklärte sich zwar der Direktor zur Übergabe bereit, aber nur nach vorausgegangener genauer Abzahlung. Dazu war freilich keine Zeit, und so einigte man sich nach stürmischer Verhandlung auf eine Obsignation, wobei Senger und Teimer je einen Kassenschlüssel übernahmen. Städtische Milizen besorgten die Bewachung. Nicht so sehr diese, sondern die massive Eisentüre rettete die Schuldentilgungskasse. Denn im Verlaufe des Tages sprachen noch mehrere Scharen vor und wollten auf die Wache nichts geben. Allein die Türe widerstand, und die Bursche mussten sich mit Zertrümmerung der Kanzleiöfen begnügen. Auch die Universität besahen sich die Bauern. Die Kabinette ließen sie unberührt, die Kästen in den Hörsälen und Gängen wurden aufgeschlagen; brauchbares fand sich darin nicht. 3)
1) Hauptquelle ist natürlich Danei selbst, einiges auch bei Stettner und Patsch. Ganz unglaubwürdig ist die Erzählung Straubs, er und Stadler hätten die Bauern durch die Versicherung beruhigt, Teimer sei vom Ritterstand zum Anführer gewählt worden.
2) Vom Pfarrklerus werden besonders die Kooperatoren Riedler und Wagner belobt. Miegs Bericht. In demselben wird auch erzählt: „Damals überlegte Lodron mit dem auch in der Burg weilenden Heffels, ob bei längerem Ausbleiben der österreichischen Truppen nicht eine Gegenrevolution bewirkt werden könnte. Aber aus der Erinnerung der Leute waren alle Wohltaten der bayrischen Herrschaft gewichen. Sie sahen sich alle im Geiste wieder im Jahre 1805. Nicht einmal der Magistrat erinnerte sich in der sonst charakteristischen Schlauheit, dass in diesem Augenblick noch immer ein königlich bayrisches Generalkommissariat in ihrer Mitte weile."
3) Bericht Sengers v. 30. Juli 1809, J. St. und Bericht d. Prof. Mersi v. 24. Dez. 1809. M. St.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.