365 - Die Kaiserlichen in Trient
Domplatz befohlene Bürgermiliz entwaffnen und auflösen. Sogleich wurden Anstalten getroffen, das Kastell zu befestigen. 1) Hormayr schrieb eine Kontribution von 100 000 Gulden aus, die er jedoch in ein Darlehen von 60 000 Gulden zu erniedrigen sich erweichen liess. Wohl keinem der Beamten hatte der Intendant aufrichtiger Strafe und Busse zugedacht, als dem Generalkommissär des Etschkreises, dem Grafen Welsperg. In ihm wollte er nicht allein den eifrigen bayrischen Staatsdiener, sondern auch den Überläufer treffen. Welspergs jüngster, von frommen und frömmelnden Redensarten triefender Aufruf hatte das Maß vollgemacht. Schon auf der bisherigen Reise durch Tirol hatte Hormayr starke Drohungen gegen den ihm auch persönlich verhassten Grafen ausgestoßen. Jetzt war Gelegenheit, sie wahr zu machen. Ihn erblickend, warf ihm der Intendant ein ganzes Sündenregister an den Kopf: seine arglistige Bischofs- und Priesterverfolgung, die Vorgänge bei der Konskription in Fleims, ein ausgebreitetes Spionagesystem, das sich bis nach Pustertal erstreckt habe, endlich das „empörende" Proklam. 2) Der Graf nahm, wie Hormayr erzählt, eine weinerlich demütige Haltung ein, knickte zusammen und war bereit, Geheimnisse des Feindes zu verraten. Augenblicklich ward er deportiert. 3) Andere Beamte wie Direktor Widder und der Kreisrat Graf Seinsheim hatten sich nach Verona geflüchtet. An Stelle Widders wurde von Hormayr Marcabruni, an Stelle Welspergs Riccabona gesetzt mit Berufung auf erzherzogliche Befehle. Entschuldigungen wurden nicht angenommen. Auch in Trient wurde eine Schutzkommission unter dem Vorsitz der Grafen Josef und Arbogast v. Thun bestellt. Sie brachte es gegenüber dem sich vordrängenden Malanotti zu keiner Wirksamkeit.
Chasteler litt es nur eine Nacht in Trient. Er lebte in der Vorstellung, dass die Franzosen sich vor ihm zurückzogen und dass sie ein
1) Hormayr an E. Johann, 9. Mai: „Trient hat sich von Anfang an kalt und unfreundlich gezeigt. Es mag den Bürgern wohl etwas empfindlich gefallen sein, die bischöfliche Residenz zu einer Festung erklärt und die von dem absurden Grafen Malfatti, welcher der französischen Partei die Unehre antut zu ihr zu gehören, kommandierte Bürgermiliz entwaffnet zu sehen." J. M. Dazu der Bericht des Kanzleidirektors Franz v. Riccabona in M. St. Riccabona schätzt die in Trient einmarschierenden Soldaten und Bauern auf 20 000 Mann.
2) Hormayr an F. v. Riccabona, 28. April, mit dem Auftrag, alle Anklagen gegen Welsperg zusammenzufassen. J. M.
3) Schon am 25. traf Welsperg unter militärischer Bedeckung in Bozen ein. Jos. Giovanelli schreibt an diesem Tage seinem Sohn: „Die Lage des Grafen Welsperg ist traurig; aber ich kann nichts anderes sagen als „selbst getan, selbst haben". A. G. Auch außer Trient ging es bayrischen Beamten nahe. Den Richter Angeli in Cles verhafteten die Bauern, mussten ihn aber auf Hormayrs Befehl freigeben. Gleiches widerfuhr durch Oberstleutnant Leiningen dem Richter in Levico. Der Stiftungsadministrator Tartarotti in St. Michel wurde von Hormayr abgesetzt, er floh, und sein Haus wurde geplündert.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.