2. Kapitel. Die zweite Befreiung
Die Unglücksbotschaften von der Hauptarmee lenkten die Schritte Chastelers und des Intendanten nach dem nördlichen Landesteil. Am 28. April trafen zwei Kärntner Landwehrbataillone, aus Trient kommend, in Bozen ein; ihnen folgte am Abend desselben Tages Hormayr. Die zwei Rodenegger Kemenater und Faller erstatteten Bericht über die Organisierung des Landsturms in ihrem Gericht und ließen dabei Klagen einfließen über unzukömmliche Äußerungen der in Brixen arrestierten bayrischen Beamten. Hormayr hörte bekannte Namen: Aretin, Mieg, Hofstetten. Ohne weiteres mussten sie die Reise über Kärnten nach Agram antreten. 1) Die Deportationslust des Intendanten wuchs noch in den folgenden Tagen. Von den Spitzen der bayrischen Behörden griff er herunter auf Subalterne, kleine Mautbeamte und Amtsdiener. Fast war es bald ein halbes Hundert solcher, welche zur gewaltsamen Wanderung verurteilt waren. 2)
1) Hormayr an Chasteler, 29. April. J. M. Den späteren Bozener Deportationen lieh Giovanelli d. ä. seine Mitwirkung.
2) K. Franz war nicht entzückt von dieser Praxis seines Kommissärs, von dem er schon unter dem 8. Mai (aus Schrems) durch E. Johann darüber Rechtfertigung fordern ließ (ebend.). Über die Deportationen korrespondierte Hormayr zunächst mit dem Polizeidirektor Pausinger. Hormayr bezeichnet die Maßregel für nötig, um „Stockungen und Gegenwirkungen" zu verhindern; er war, wie er an Pausinger berichtete, mit Hilfe der Post hinter einen verdächtigen Briefwechsel der Deportierten gekommen. Nur schnell nach Agram, so lautete sein dringlicher Befehl nach Klagenfurt; für Hofstetten hatte er Peterwardein ausersehen. Ein großer Teil der Beamten richtete an den Kaiser und Baron Haager, auch an Johann Gesuche um Freilassung. Welsperg versicherte in einem solchen, er sei „blutenden Herzens" in bayrische Dienste getreten. Der Kaiser war geneigt zu willfahren. Aber man sagte ihm, zuerst sei die Festsetzung dieser Bayern nötig gewesen, um sie vor der Rache des Volkes zu schützen, und jetzt sollen sie zur Repressalie dafür dienen, dass in Bayern viele Tiroler in den Kerker geworfen wurden. Damit wurde ein von Franz schon beabsichtigter Freilassungsbefehl hintangehalten; aber an die Erzherzoge Johann und Rainer erging die kaiserliche Weisung, die Haft tunlichst zu erleichtern und den mittellosen Gefangenen Vorschüsse zu reichen auf künftige Abrechnung mit Bayern. In Kroatien blieben die wenigsten, die meisten wanderten im Juni nach Pest oder Olmütz. — Über Deportationen von Mautbeamten in Lienz ein Bericht des Mautners Kappler v. 13. Juni M. St.
Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.